Paragraf 218: abtreibung?

13 Antworten

Der § 218 Schwangerschaftsabbruch Strafgesetzbuch (StGB) dient in seinen ersten beiden Absätzen zunächst zum Schutz der Frau und ihrer Gesundheit, weil nicht Hinz und Kunz („Engelmacher“) eine Schwangerschaft abbrechen darf.

1) Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Handlungen, deren Wirkung vor Abschluß der Einnistung des befruchteten Eies in der Gebärmutter eintritt, gelten nicht als Schwangerschaftsabbruch im Sinne dieses Gesetzes.
(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 
1.
gegen den Willen der Schwangeren handelt oder
2.
leichtfertig die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung der Schwangeren verursacht.

So kann auch z.B. nicht jeder „ungewollt Vater werdende“, jede neidische Freundin/Schwester, jeder bösartige Kollege/Nachbar… ungestraft einer Schwangeren Mifepriston verabreichen.

Über eine Umgestaltung von

3) Begeht die Schwangere die Tat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

und den § 218a (1) (Pflichtberatung und willkürlich gesetzte Frist) lässt sich jedoch diskutieren. Es wäre wünschenswert, wenn ein Schwangerschaftsabbruch auf eigenen Wunsch nicht nur „straffrei aber rechtswidrig“, sondern entkriminalisiert und aus der „Schmuddelecke“ geholt wird.

§ 219a  ist ja schon glücklicherweise weggefallen.

Alles Gute für dich!


Popeye981  18.01.2023, 08:49

Schön, dass wenigstens eine Person hier nicht so konservativ Antwortet.👍

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Das Bild macht ziemlich klar, in welche Richtung deine Analyse laufen soll. Schreib, dass der Bauch einer Frau der Frau gehört und ein Schwangerschaftsabbruch das Recht auf freie Gewalt über den eigenen Körper infrage stellt und der Lehrer wird glücklich sein.

Ich finde es aber, wenn ich das mal anmerken darf, Käse, wenn den Schülern das erhoffte Ergebnis einer Analyse vorweg genommen wird. Das ist schon ziemlich manipulativ.


Bei der Abtreibungsfrage kollidieren zwei Rechte: zum einen das Recht der Frau auf körperliche Selbstbestimmung und zum anderen das Recht auf Leben des Fötus.

Aus diesem Grund gibt es in den allermeisten Strafgesetzen dieser Welt ein Gesetz, das die Leibesfrucht in mehr oder weniger großem Ausmaß schützt.

Insbesondere schreibt das deutsche Bundesverfassungsgericht in seiner letzten Entscheidung bezüglich der Abtreibungsfrage:

Rechtlicher Schutz gebührt dem Ungeborenen auch gegenüber seiner Mutter. Ein solcher Schutz ist nur möglich, wenn der Gesetzgeber ihr einen Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich verbietet und ihr damit die grundsätzliche Rechtspflicht auferlegt, das Kind auszutragen. Das grundsätzliche Verbot des Schwangerschaftsabbruchs und die grundsätzliche Pflicht zum Austragen des Kindes sind zwei untrennbar verbundene Elemente des verfassungsrechtlich gebotenen Schutzes. (BVerfGE 88, 203 - Schwangerschaftsabbruch II

Ich persönlich glaube nicht, dass es tatsächlich mehr Abbrüche gäbe, wenn die bisherige Regel fallen gelassen würde. Das Konzept des rechtswidrigen, aber straffreien Abbruchs nach Beratung bis zur 14. Schwangerschaftswoche ist letztendlich eine juristische Spitzfindigkeit.

Wäre der Abbruch nach Beratung bis zur 14. Woche nicht nur straffrei, sondern auch nicht rechtswidrig, hätte das eine wesentliche Konsequenz: die Krankenkassen müssten die Kosten übernehmen. In der Praxis tun sie das aber eh schon, da Frauen mit keinem oder geringem Einkommen einen Antrag auf Kostenübernahme stellen können. Statistiken zufolge tun das etwa 90% aller Frauen, die eine Schwangerschaft abbrechen.

Ich bin nicht "für" Abtreibung. Ich bin für Aufklärung und Verhütung, so dass es gar nicht erst soweit kommen muss.

Dennoch kann ich akzeptieren, dass manchmal eine Frau ungewollt schwanger wird und aus Gründen, über die ich nicht zu urteilen habe, eine Abtreibung möchte und dann ist es auch "ok".

Ich halte ganz grundsätzlich ein Abtreibungsverbot für nicht zielführend.

Nur weil Abtreibungen verboten sind, heißt das ja nicht, dass es keine gibt. Es gibt sie halt dann im Ausland oder unter medizinisch, bzw. hygienisch fragwürdigen Umständen. Als der stern 1971 seine berühmte "wir haben abgetrieben"-Titelstory veröffentlichte, haben ja immerhin 374 Frauen öffentlich zugegeben, abgetrieben zu haben, obwohl es damals in Deutschland noch komplett illegal war. (Ja, okay, 373 - Alice Schwarzer zählt nicht, die hat gelogen, ich weiß).

Es gibt Frauen, die wollen einfach kein Kind. Und eine Sterilisation ist für kinderlose Frauen im gebärfähigen Alter noch schwerer zu bekommen als ein bezahlbarer Krippenplatz im Ballungsraum. Dann gibt es auch eine gar nicht mal so geringe Anzahl Frauen, die sich zuverlässige Verhütungsmittel wie Pille oder Spirale einfach nicht leisten können. Was bleibt denen denn? Enthaltsamkeit, klar. Wenn sie aber in einer Beziehung sind und der Partner "sein Recht einfordert"?

Wie schon erwähnt: Rechtekollision.

Auf der einen Seite ist die Frau und ihre Rechte und auf der anderen Seite das Ungeborene. In jedem Fall, wo es eine Kollision verschiedener Rechte gibt, muss man abwägen, welches Recht schwerer wiegt. Ein Kompromiss ist gerade bei der Abtreibung halt auch nicht möglich.

Ich persönlich habe ein Problem mit der Ansicht, dass grundsätzlich das Ungeborene wichtiger sein soll, als die Frau, in der es wächst. Wie weit geht man dann? Dürfen Schwangere nicht mehr Auto fahren, weil das gefährlich sein könnte für das Ungeborene? Dürfen Schwangere keine Kneipe mehr betreten, um geschützt zu werden vor Passivrauch? Wie viele Rechte der Schwangeren kann man einschränken, um das Ungeborene maximal zu schützen?

Und natürlich sollte eine Abtreibung gegen den Willen der Schwangeren (zB mit Abtreibungspillen im Essen) weiterhin eine Straftat bleiben, deswegen ist die komplette Abschaffung des §218 StGB keine Lösung.

Und es gibt noch ein anderes Problem in dieser Thematik:

Niemand hat ein Leistungsrecht am Körper eines anderen - zB hat niemand ein Recht auf eine lebensrettende Organ- oder Blutspende, also warum sollte der Fötus hier besonders privilegiert sein?

Aber was ist dann mit Spätabbrüchen, die derzeit aus medizinischen Gründen möglich sind?

Denn wenn man es ernst nimmt, dass niemand ein Recht am Körper eines anderen hat, dann wäre die Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs nur für Abbrüche gegeben, die stattfinden, bevor das Kind außerhalb der Gebärmutter lebensfähig ist, also vor der 24. Woche.

Insgesamt wäre eine Neufassung wünschenswert.

Ein ausführlicher Artikel zur Thematik findet sich auch hier Schwangerschaftsabbruch nach § 218: Quer zur Wirklichkeit - taz.de

Die Frage der Legalisierung von Abtreibung ist äußerst kontrovers und berührt ethische, moralische, religiöse und gesellschaftliche Fragen. Befürworter der Legalisierung argumentieren, dass Frauen das Recht haben sollten, über ihren eigenen Körper zu entscheiden, insbesondere in Fällen von ungewollten Schwangerschaften, gesundheitlichen Risiken für die Mutter oder schweren Fehlbildungen des Fötus. Sie argumentieren auch, dass die Legalisierung von Abtreibung die Gesundheit von Frauen verbessert, indem sie sichere medizinische Verfahren ermöglicht und illegale, gefährliche Praktiken verhindert.

Auf der anderen Seite argumentieren Gegner der Legalisierung, dass das ungeborene Leben geschützt werden sollte und dass die Legalisierung von Abtreibung eine moralische und ethische Verletzung darstellt. Sie befürchten auch, dass die Legalisierung von Abtreibung zu einem Anstieg der Abtreibungsraten führen könnte.

Es ist wichtig, dass Regierungen und Gesellschaften diese Frage sorgfältig abwägen und die verschiedenen Standpunkte berücksichtigen. Die Entscheidung, ob Abtreibung legalisiert werden soll oder nicht, ist eine komplexe und sensible Angelegenheit, die eine breite öffentliche Debatte erfordert und sorgfältig abgewogen werden muss. Letztendlich sollte die Gesetzgebung auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, den Bedürfnissen der Gesellschaft und den Rechten der betroffenen Frauen basieren.

Über allem steht der Schutz des menschlichen Lebens. Die eigentliche Frage ist also, ab wann beginnt das Leben eines Menschen. Wenn es eine Frage des Eigentumes am Bauch wäre, müsste jede Schwangere nach Belieben mit dem Kind verfahren dürfen, solange es sich noch in der Gebärmutter befindet.


Elli113  18.01.2023, 11:32

Wie weit willst du dann gehen? Wenn der Schutz des werdenden Lebens über allem steht - dürfen Schwangere sich dann noch in potentiell gefährliche Situationen bringen, also zB Auto fahren? Dürfen Schwangere Bereiche betreten, in denen geraucht werden darf? Dürfen Schwangere Sushi-Lokale betreten? Ohne Maske in Supermärkte gehen? Überhaupt noch das Haus verlassen?

Wie weit darf man die Rechte Schwangerer dann einschränken mit der Maxime, das Leben bestmöglich zu schützen?

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Einzelfahrer  18.01.2023, 12:13
@Elli113

Ich will garnicht irgendwieweit gehen, ich rege zum Nachdenken an und sehe außerdem einen deutlichen Unterschied zwischen möglichen Risiken und vorsätzlichem Abtreiben. Wie weit willst Du denn gehen, Abbruch bis zur Geburt erlauben?

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