Seine wahre sexuelle Orientierung sucht sich selbstverständlich niemand aus. Dennoch ist es genauso falsch, so zu tun, als wäre die Mutmaßung "Die sexuelle Orientierung ist angeboren." eine bewiesene Tatsache. Denn in der Frage, wie genau welche sexuelle Orientierung entsteht, ist gar nichts bewiesen! Menschen, die solange andere Theorien nicht völlig von der Hand weisen, einen "fragwürdigen Hintergrund" zu unterstellen (wie in einer anderen Antwort getan), ist deshalb herablassend, unsachlich und beleidigend!
Die sexuelle Orientierung, die jemand hat oder nicht, beruht im Grunde auf der eigenen sexuellen Anziehung, die wiederum darauf abzielt, wie man im Hinblick auf Sexualität andere Individuen, Objekte und/oder auch sich selber wahrnimmt. Bei der sexuellen Anziehung und damit auch Orientierung muss es also nicht zwangsläufig nur um Menschen, Geschlechter und Geschlechtsidentitäten (Gender) gehen. Eine sexuelle Orientierung bezeichnet eigentlich auch nichts anderes als Präferenzen gegenüber jemandem oder etwas bestimmtem. Das heißt, wenn etwa Hetero-, Homo- und Bisexualität angeboren sind, dann müsste es dementsprechend auch jede andere und jede abwesende Sexualpräferenz sowie jeder Fetisch u. Ä. sein. Belege dafür gibt es aber keine.
Gegen das Angeborensein der jeweiligen sexuellen Orientierung spricht zudem, dass sich Sexualpräferenzen nicht zwangsläufig nur einmal entwickeln und dann für immer fix sind, sondern sich im Laufe des gesamten Lebens durchaus auch verändern können. Denn Sexualität ist fließend, nichts in Stein Gemeißeltes. Beeinflussbar bzw. durch unserem Willen hervorzurufen sind diese Veränderungen zwar nicht (siehe gerade etwa "Konversionstherapien"), sehr wohl möglich sind sie aber. Bereits häufig stellten Menschen derlei Veränderungen bei sich fest. Natürlich ist es leicht zu behaupten, dass eine Person, die sich früher beispielsweise als hetero- und heute als homosexuell bezeichnet, niemals heterosexuell gewesen sei. Das kann aber niemand wissen, weshalb eine solche Äußerung ebenso anmaßend ist wie jemandem dessen (derzeitige) sexuelle Orientierung abzusprechen.
Solange in dieser Frage nichts eindeutig bewiesen ist, gehe ich auf alle Fälle davon aus, dass sich die sexuelle Orientierung rein im Kopf abspielt. Es geht also schlicht um die Psyche. Die einen mögen nur Fußball, andere nur Tischtennis, wieder andere lieben Wintersport, erneut andere zwei oder mehrere Sportarten und abermals andere können mit Sport generell nichts anfangen. Nach diesem Schema, so denke ich, funktionieren auch sexuelle Präferenzen bzw. Orientierungen. Genetik kann eine Rolle spielen, genauso wie auch Umwelteinflüsse eine Rolle spielen können. Für beides fehlt allerdings bislang der konkrete Beweis.
Fakt ist für den Moment nur, dass niemand sich aussuchen kann, ob überhaupt oder welche sexuellen Präferenzen man hat.
Selber fühle ich mich sexuell zu nichts und niemandem hingezogen; verspüre keinerlei Bedürfnis nach sexuellen Aktivitäten jedweder Form. Warum ich a-/nichtsexuell bin, weiß ich nicht. Eine "Entscheidung", eine "Laune" oder Ähnliches ist es jedenfalls nicht.
Liebe Grüße.