Warum gehört der Mensch nicht zum Beuteschema vieler Raubtiere?

8 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Nun - es gab eine Zeit, wo viele Primaten zum Beuteschema einiger größerer Raubtiere gehört haben. Das ist auch einer der Gründe, warum der Homo Sapiens nur in gut organisierten Gruppen überleben konnte (einfaches Beispiel hierfür: Geburtsvorgang der Frau - kann bis zu 12 Stunden dauern - wäre der sichere Tod, wenn man ohne Schutz, alleine, auf dem Urwaldboden liegen würde).

Die meisten Raubtiere versuchen (selbst wenn sie im Rudel jagen) Einzeltiere zu isolieren. Hier sind vor allem sehr junge, sehr alte, schwache oder kranke Tiere die bevorzugten Ziele. Eine gut organisierte Gruppe ist hier ein schweres Ziel.

Der eigentliche "Durchbruch" des Homo Sapiens kam dann vor etwa 40.000 Jahre - hier hat eine kleine genetische Veränderung (und einige physiologische Veränderungen) die Grundlagen für die Möglichkeit von Sprachen gelegt. Also nicht nur Lautbildung (brüllen, grunzen, etc.) sondern tatsächliche Bildung von Worten für die Kommunikation. Auf diese Weise war eine viel bessere Verteidigung möglich. Danach kam vor 5.000 Jahren dann die Schrift - und der Rest ist (wie es so schön heißt) Geschichte.

Heute gibt es kaum noch Wölfe, Löwen oder andere große Räuber. Die einzigen Säugetiere in großer Zahl sind die Menschen und die Nutztiere, welche wir für unseren Komfort züchten :-/

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tl/dr: Raubtiere bevorzugen es weniger organisierte Gruppen (oder Einzeltiere) zu attackieren. Der Homo Sapiens ist hier ein schlechtes Ziel und hat durch die Entwicklung der Sprache eine hervorragende Kommunikation.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Martine98 
Fragesteller
 13.08.2019, 02:55

Okay... also ist diese Erfahrung der Tiere vom Menschen tief im Tier verankert? Denn, es muss ja nicht unbedingt sein, dass das Tier bereits die Erfahrung der guten Organisation des Menschen gemacht hat.

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SeriousMatter  13.08.2019, 03:03
@Martine98

Eine gute Frage :-) Hier kommt es ein wenig darauf an, von welchem Tier du genau redest. Nehmen wir also als Beispiel mal den "Wolf" und den "Schäferhund" um einen Vergleich anzustellen.

Der Wolf: Lebt mit seinem Rudel in der Wildnis und versucht durch gemeinsame Jagd an Nahrung zu kommen. Wird in der Gegenwart von Menschen eine (nach Kosten-Nutzen-Analyse) Entscheidung treffen, ob er versucht diese zu jagen. Entscheidet er sich dafür, dann kann es sein, dass er erfolgreich ist (vor allem, wenn die Menschen schlecht organisiert sind). Schlecht organisierte Menschen sterben - besser organisierte Menschen überleben. Die nächsten Wölfe haben es nun schon schwerer, da die übrigen Menschen eine bessere Kommunikation haben. Nicht, weil sie sich in diese Richtung aktiv entwickelt haben, sondern weil die mit der besseren Kommunikation zufällig besser beim Angriff des Wolfes reagieren konnten. Wir nennen das die natürliche Selektion. In späteren Jahren wird der Wolf immer weniger Jagderfolg beim Menschen haben und muss eine erneute Kosten-Nutzen-Analyse machen. Wenn er weiter jagt wird er verhungern - also muss er sein Ziel ändern (und eventuell sogar das Gebiet verlassen).

Der Schäferhund: In einer noch recht wilden Form (stammt ja vom Wolf ab) in Symbiose mit dem Menschen lebend. Erhält vom Menschen Nahrung (was das Problem von oben löst), beschützt dafür aber auch den Menschen - der ihn ja füttert und eventuell sogar Fortpflanzungspartner bringt (andere Schäferhunde). Diejenigen die hier sehr aggressiv gegenüber Menschen gehandelt haben, werden eher von diesen getötet oder nicht mehr gefüttert. Schäferhunde die dem Menschen gegenüber "freundlicher" sind erhalten mehr Nahrung. Somit überleben auf lange Sicht nur die Schäferhunde, welche vom Menschen als nützlich betrachtet werden. Das wäre künstliche Selektion (oder auch Züchtung).

Prozesse wie die Kosten-Nutzen-Analyse oder auch Tendenzen zu Aggression oder Aggressionshemmung sind oft genetisch determiniert. Was bedeutet, dass "erfolgreiche Tiere" diese Grundlagen dann auch an Nachkommen vererben. Es ist also keine Erfahrung im Sinne eines Lernprozesses, sondern eine vorteilhafte genetische Information.

Ich hoffe das macht es ein wenig besser verständlich :-)

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Martine98 
Fragesteller
 13.08.2019, 03:12
@SeriousMatter

Ich finde diese Beschreibung "vorteilhafte genetische Information" hätte schon gereicht ! :D Aber danke für deine Ausführlichkeit, das macht es natürlich zusammenhangsvoller/ plausibler

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ThomasJNewton  13.08.2019, 03:03

Wo hast du die 40.000 Jahre her, und die eine Mutation?

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SeriousMatter  13.08.2019, 03:09
@ThomasJNewton

Bei den 40.000 Jahren streiten sich die Gelehrten :-) die ersten physiologischen Grundlagen kann man bereits auf etwa 250.000 Jahre zurückverfolgen (Vergrößerung des Rachenraums, Absenkung des Kehlkopfes, freibewegliche Zunge, ...). Dort haben wir schon Menschen mit Begräbnisritualen, Hölenmalerein und sogar der Pflege von behinderten Personen. Es konnte also schon praktisch viel Energie auf Prozesse verwendet werden, welche nicht "direkt dem Überleben" gedient haben, sondern soziale Grundlagen hatten.

Was die genetische Grundlage der Sprache angeht, da reden wir von FOXP2-Gen (auf dem Chromatid 7), welches sich nach der Meinung von Genetikern etwa vor 200.000 Jahren in den Populationen der Homo Sapiens verbreitet hat.

Die 50.000 oder 40.000 Jahre sind der Zeitraum, wo man die erste "vollwertige" Sprache erwartet, da diese einen eindeutigen Vorteil gegenüber dem Neandertaler gegeben hätte. Dieser war dem Homo Sapiens in Statur eindeutig überlegen. Um ihn also aus den gemeinsamen Jagdgebieten zu verdrängen wäre eine bessere Kommunikation Pflicht gewesen.

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ThomasJNewton  13.08.2019, 03:32
@SeriousMatter

Also alles in allem sehr gewagt. Und was ich in 40 Jahren nicht verstanden habe, ist, dass Menschen sich - Kehlkopf hin, Kehlkopf her - auch flüsternd unterhalten können, ohne den geringsten Informationsverlust, nur etwas leiser.

Als nicht in vorderster Front forschender Biologe muss man noch lang nicht jeden pseudowissenschaftlichen Humbug glauben, den Kehlkopf. Das Gehirn macht's, nicht mal völlig neue Funktionen, nur neue Kombinationen, vermute ich stark.

Und das FOXP2 ist anscheinend nicht mal exklusiv für Säuger. Was bleibt dann von deiner Antwort außer Ge... ?

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SeriousMatter  13.08.2019, 03:40
@ThomasJNewton

Es geht nicht um das Vorhandensein des Kehlkopfes, sondern um seine Position. Durch das Absenken wurde der Rachenraum frei, was einem erst die Möglichkeit der Tonerzeugung gibt :-) Kannst ja gerne mal versuchen zu flüstern, wenn der Mund voller Wasser ist (und mir danach schreiben wie gut es geklappt hat).

Danach ist es das Wechselspiel. Physiologische Änderungen geben Möglichkeiten für bessere Sozialstrukturen, in diesen werden Menschen die durch Mutationen eine bessere Intelligenz besitzen sich besser integrieren als ihre Konkurrenz. Es entsteht ein intraspezifischer Selektionsdruck (hier auch sexuelle Selektion), wo erfolgreiche Gene häufiger Vererbt werden. Das ist Basiswissen, welches man sogar bei Bakterien einfach simulieren und beobachten kann.

Und selbstverständlich existiert das FOXP2-Gen auch in anderen Lebewesen. Sonst wäre es ja keine Mutation innerhalb des Gens gewesen, sondern ein gesamtes Gen hätte zufällig entstehen müssen ._. das wäre doch Schwachsinn.

Aber ich nehme mir gerne die Zeit Fragen offen zu klären. Ich weiß bestimmt nicht alles, aber wenn die Theorien die ich studiert habe (ja, auch Evolution ist nur eine Theorie) nicht einmal einer simplen Befragung standhalten würden ... nun ... dann würde es nicht wirklich einen Sinn machen :-D oder?

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Weil diese Tiere auf andere Tiere vorwiegend ihre Gewohnheiten legten und auch der Mensch gerade bei Wölfen seit verhältnismäßig Erdgeschichtlich kurzer Zeit im selben Lebensraum leben um eine Anpassung zu erfahren.

Vor allem für Tiere die auf Hetzjagden gehen, ist der Mensch kein geeignetes Beutetier.

Raubtiere erhegen ungerne große Risiken, vor allem Tiere zu jagen welche sie im Verhalten nicht kennen. Es gibt durchaus auch berechtigte Annahmen das aus Erfahrung andere Raubtiere Menschen eher als Raubtiere ansehen. Denen man vergleichsweise eher aus dem Weg geht.

In der Regel attackieren bei Säugetieren nur kranke oder alte Tiere in der Wildbahn Menschen. Weil sie einfacher zu erbeuten sind. Außerdem durchstreifen viele Raubtiere große Gehege und dies in Verbundenheit mit Scheu und bei genug Nahrungsmöglichkeit ohne Stress bleiben sie beim Altbewährten. Gejagt wird auch nur bei Hunger und Kampf- bzw. Revierverhalten tritt eher bei Artgenossen auf. Da ist der Mensch kein Hindernis. Oft sind Tiere welche sich erst an Menschen gewöhnen, eine Gefahr.

Der Mensch ist im Vergleich zu anderen Tieren oft nicht sehr ertragreich zur Mühe, auch wenn ein unbewaffneter Mensch kaum körperliche Chancen hätte zu entfliehen oder sich zu währen.

1. Weil wir nicht in der freien Wildbahn leben

2. Wir galten früher als Nahrungsmittel für Tiger Bären etc, bestimmt heute auch noch aber da wir keine Wilden sind, müssen die Tiger sich andere Beute suchen.

3. Vielleicht wissen die Tiere das wir Memschen clever sind, viele habej auch Angst vor uns

Weil der Mensch diesen in der Regel kaum begegnet. Das viele Tiere Angst vor uns haben liegt unter Anderem daran, das wir aufrecht gehen. Dadurch wirken wir viel größer als wir sind und wirken bedrohlicher. Säugetiere lassen sich von Körperhöhe sehr beeindrucken.

Von der Schulterhöhe her konkurrieren wir mit Tieren die ein Gewicht von mehreren 100 Kilo erreichen.

Das Prinzip ist umgekehrt übrigens der Grund, warum viele Schlangenarten nicht ausgestorben sind. Sie sind viel zu langsam um ihre Beute zu jagen aber wirken durch das Kriechen so klein, dass ihre Beutetiere sie als ungefährlich einstufen.

Schlechte Erfahrungen auf Beutezug Menschen gemacht. Hat meist den kürzeren gezogen und wurde von den Menschen auch noch bejagt.


Martine98 
Fragesteller
 13.08.2019, 02:56

Also ist die Erfahrung, die ihre Vorfahren gemacht haben, tief im Tier weiterhin verankert?

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Martine98 
Fragesteller
 13.08.2019, 03:09
@ThomasJNewton

Ja, aber was ist, wenn das Tier selbst die Erfahrung noch nicht gemacht hat, lediglich die Vorfahren, sich aber trotzdem so verhält, als hätte es selbst die Erfahrung gemacht?

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ThomasJNewton  13.08.2019, 03:19
@Martine98

Tiere halten sich wie Menschen gern ans Bewährte. Wenn ein Wolf 100 Rehe und vielleicht auch 10 Schafe erledigt hat, kennt er die als Beute. Ein Mensch sieht schon sehr anders aus, wegen des aufrechten Gangs und vielleicht auch wegen der Kleidung oder weil er Seife benutzt. Das sind Geruchstiere.

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Panazee  13.08.2019, 03:36
@Martine98

Ich nehme an sie greifen Menschen selten an wegen deren aufrechtem Gang.

Ich wollte aber hauptsächlich etwas zu dem "tief verankert aufgrund von Erfahrung" schreiben.

Erfahrung wird nicht vererbt. Erfahrung kann höchstens durch "Erziehung" weiter gegeben werden. Wenn überhaupt, dann wäre es so, dass ein Löwe, der einen Menschen angreift recht bald ein toter Löwe ist und sich nicht mehr weiter vermehren kann, während ein Löwe, der die Menschen nicht als ins Beuteschema passend einstuft ein wesentlich längeres Leben hat und mehr Nachkommen zeugen kann.

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Martine98 
Fragesteller
 13.08.2019, 03:43
@Panazee

Mir wurde eben von einem Biologe gesagt, dass diese "Erfahrung" sehr wohl vererbt werden kann, bzw. dass es eine genetisch vererbte Information ist.

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Panazee  13.08.2019, 04:02
@Martine98

Ich habe Biochemie studiert und sage das dies nicht geht.

... und jetzt?

Wovon der Biologe redet nennt sich Epigenetik und ich glaube auch, dass es Umweltfaktoren gibt, die die Gene verändern können, insbesondere das Ablesen (oder eben nicht lesen) bestimmter Informationen. Was ich nicht glaube ist, dass die Erfahrung "Menschen sind gefährlich" vererbt werden kann. Die Löwen die diese Erfahrung gemacht haben sind danach in der Regel tot und vererben gar nichts mehr.

Epigenetik ist ein relativ neues Forschungsgebiet und steht auf recht wackeligen Beinen. Dabei geht es auch meistens um Umwelteinflüße und nicht um Erfahrungen. Ein bestimmtes Futter bewirkt z.B. das Mäuse eine bestimmte Fellfarbe entwickeln.

Bisher existieren allerdings nur sehr wenige Hinweise, dass erlernte und erworbene Fähigkeiten von einer Generation zur anderen über die Keimzellen weitergegeben werden können

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Epigenetik

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Martine98 
Fragesteller
 13.08.2019, 04:53
@Panazee

Danke für deine Antwort. Mir erscheint es jedenfalls nicht absurd, dass es solche genetisch vererbten Informationen gibt

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Panazee  13.08.2019, 10:42
@Martine98

Ich finde es klingt nicht absurd, aber ich halte es für falsch. Allerdings bin ich nicht unfehlbar.

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Fiswa  13.08.2019, 17:57

Wenn sich die Menschen den Welpen nähern, werden sie untergeduckt und zum Ruheverhalten gebracht, das sich dann so weitervererbt. Ein Beispiel von vielen Verhaltensmustern.

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