Warum behaupten manche Muslime, dass Musik haram sei obwohl selbst saudi arabien eine Nationalhymne hat?

8 Antworten

Daran sieht man mal wieder, dass "den einen Islam" so gar nicht gibt, vielmehr besteht die muslimische Welt aus zahllosen unterschiedlichen Völkern, religiösen Ausrichtungen und Auslegungen.

Soweit mir bekannt ist, gibt es kein "Verbot" von Musik, welches im Koran steht. Es gibt in einigen Hadithen (das ist aber nicht der Koran) entsprechende Hinweise. Und natürlich ist Musik nicht gleich Musik. "Hadith" steht für überlieferte Aussagen von Mohammed (die aber über den reinen Korantext hinausgehen).

Und - ähnlich wie im Christentum, wo man manche Dinge auch verschieden auslegt (siehe etwa die Frage: "dürfen Frauen Priesterinnen werden?") - gibt es auch im Islam unterschiedliche Auslegungen.

"Problematisch sah man insbesondere die Nähe der Musik zu anderen als sündhaft verstandenen Handlungen wie Weingenuss, Unzucht und Ekstase."

https://de.wikipedia.org/wiki/Islamische_Musik

Darunter fällt die Nationalhymne sicher nicht. Musik hat in diesen Ländern eine lange Tradition (sogar eine längere als der Islam selbst). Ich vermute mal, dass man "gute" von "schlechter" Musik (Saufgelage) trennt.

Wieso sollte Musik Haram sein hab ich noch nicht gehört im Islam

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Bin im Islam, Recherchiere viel dazu und beachte vieles

Vando  21.06.2020, 17:00

Strenge Vertreter der Religion behaupten das. Ist halt wie so oft Auslegungssache.

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Pla00  21.06.2020, 18:04

Es gibt Hadithe, die Musik verbieten...

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Buddhinator2  22.06.2020, 13:09

Dann hast Du aber SEHR wenig Ahnung vom Islam!

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Shouyohina  22.06.2020, 13:30
@Buddhinator2

Weshalb ich die meiste Zeit mit Islam verbringe

Und du willst sagen ich bekomme darum ein schlechtes gewissen...

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Buddhinator2  22.06.2020, 14:30
@Shouyohina

Ich will es nicht nur sagen: Ich schreibe es sogar! ...und JA: So ist das bei den meisten Muslimen!

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Weil es wie so oft Auslegungssache ist. Es gibt entsprechende Verse im Koran, die das Musikmachen und Musikhören je nach Auslegung einschränken, komplett verbieten oder bedingungslos ermöglichen.

Es kommt im Grunde nur drauf an, wen du fragst, ob Musik im Islam verboten sei oder nicht. Es gibt welche, die legen das sehr strickt aus, und manche die legen das locker aus. Und so legt eben die Regierung von Saudi Arabien das locker aus.


TheTrue199  21.06.2020, 17:55

Wo steht über Musik im Kuran?

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TheTrue199  21.06.2020, 18:01
@Vando

Du hast geschrieben, dass es verschiedene Verse mit verschiedenen Ansichten über Musik im Koran steht.

Kannst du zeigen wo?

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Vando  21.06.2020, 18:15
@TheTrue199

Ich schrieb, das es entsprechende Verse im Koran gibt, die das Musikmachen und Musikhören je nach Auslegung einschränkten, komplett verböten oder bedingungslos ermöglichten. Ich schrieb nicht, dass es Verse mit verschiedenen Ansichten über Musik gibt.

Sure 17 wäre ein Fall für dich.

Zudem wie von Pla gesagt, noch die Hadithen.

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Die Begründer der sunnitischen Rechtsschulen äußerten sich abwertend über Musik, ohne sie aber zu verbieten. "Ein Mann, der etwas auf sich hält, sollte keine Musik hören", heißt es etwa. Man würde mit Musik Zeit vergeuden, das sei ein Mangel an Charakter. Schließlich neigten ihre Schüler dazu, Musik total zu verbieten. Sie war nur mehr bei Hochzeiten, Beschneidungen oder beim Empfang eines Reisenden erlaubt. Instrumente wurden unterschiedlich bewertet: Die Trommel wurde akzeptiert, die Flöte kritisch gesehen.

Was war der Grund für diese zusehends strengeren Bestimmungen?

Dafür gab es historische Gründe: Das islamische Reich dehnte sich rasant aus. Mit den Eroberungen wurde viel Luxus importiert, auch Musik und Instrumente. An den Höfen einiger Statthalter wurde angeblich aufreizende Musik mit Tanz und Alkohol aufgeführt. Es entstanden Lobgedichte auf Alkohol und Liebe, auch mit Detailbeschreibungen. Die islamischen Gelehrten sahen das als unislamisch an. Folgerichtig entstand das Bedürfnis, dem einen Riegel vorzuschieben. Für mich sind die teils noch geltenden strengeren Regeln eine Reaktion auf den Missbrauch, durch den Musik einen schlechten Ruf unter gläubigen Muslimen bekam.

Einige strenge Islam-Richtungen wie der Wahabismus halten am Musikverbot fest und berufen sich dabei auch auf die Sunna.

Ibn Hazm al Andalusi, ein Universalgelehrter, der in Córdoba im 11. Jahrhundert während des Kalifats lebte, erklärte, dass alle prophetische Überlieferungen, die als Grundlage für das Musikverbot angeführt wurden, nicht authentisch sind.

Wie wirkte sich das Musik-Verbot praktisch aus?

Die Geschichte verlief aus meiner Sicht schizophren. Die Hanbaliten zum Beispiel, die besonders strenge Regelungen für Musikgenuss vertreten, veranstalteten ihre Volkstänze und Gesänge immer in musikalischer Begleitung. Auch ihre Gedichte wurden musikalisch vorgetragen.

Aus westlicher Sicht zählen Astronomie, Algebra und Medizin zu den kulturellen Vermächtnissen des Islam, nicht aber die Musik. Zu Recht?

Abu Nasr Muhammad al-Farabi, einer der wichtigsten islamischen Philosophen, verfasste das umfassende Werk "Über die Musik". Anfangs war Musik im Islam Teil der Wissenschaften. Islamische Ärzte betrachteten sie als Heilmittel. Das Problem ist, dass im Gegensatz zu den naturwissenschaftlichen Werken die großen islamischen Schriften über Musik kaum ins Lateinische übersetzt wurden. Der Einfluss auf das Abendland war deshalb hier gering. Die letzten großen Rechtsgelehrten des 13. Jahrhunderts und Gelehrte im 19. Jahrhundert wie Muhammad Abduh äußerten sich positiv zur Musik. Auch in das islamische Erziehungssystem wurde die Musik aufgenommen.

Wo liegen die wichtigsten kulturellen Verdienste des Islam im Bereich der Musik?

Die großen Musiker des Islam waren die Sufis, Derwisch genannt, die Vertreter der Mystik. In der mystischen Erkenntnistheorie geht es darum, Gottes Liebe zu empfangen. Beim rituellen Tanz hält der Derwisch die rechte Hand nach oben geöffnet, um Gottesliebe zu empfangen, die andere Hand zeigt nach unten, um diese Liebe zu verteilen. Die Drehung um die eigene Achse drückt die Vollkommenheit des Universums aus. Die seitliche Haltung des Kopfes bedeutet, dass er das Wort Gottes empfängt. Jede Sufi-Schule wiederholt bei ihrem Tanz ein bestimmtes Wort, einen Namen oder eine Eigenschaft Gottes, bis die Tänzer in Ekstase verfallen.

Welche Rolle hat die Volksmusik im Alltag inne?

Musik gilt bis heute insbesondere in Schichten mit begrenztem Bildungsniveau als Heilmittel, etwa um Dämonen abzuwehren. Der größte Teil meiner Generation und der jüngeren Generationen hat kein Problem mit Musik. Nur übertrieben laute oder den Menschen komplett vereinnahmende Musik sehen wir kritisch.

Zur Person

Elsayed Elshahed, 1945 in Ägypten geboren, lehrte Islamische Kultur in Riyadh und Islamische Wissenschaften an der Al-Azhar Universität in Kairo. In Wien war er von 2003 bis 2008 Direktor des Studiengangs für das Lehramt für Islamische Religion. Heute leitet er in Wien das "Institut für interkulturelle Islam-Forschung".

Frei übertragen: Wo man Musik macht, da lass dich ruhig nieder - böse Menschen haben keine Lieder!