Kann man das ß an den Anfang eines Wortes setzen?

9 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Nach den deutschen Orthographieregeln steht ß immer nach langem Vokal (bzw. in der von mir präferierten Orthographie auch nach kurzem, wenn kein weiterer Vokal folgt). Daher ist es klar, daß es niemals am Wortanfang vorkommen kann. Außer­halb des Deutschen ist der Buchstebe sowieso nicht in Gebrauch.

Trotzdem ist es nicht grundsätzlich ausgeschlossen, daß jemand mal aus einem sehr speziellen Bedürfnis heraus von dieser Regel abweicht. Beispielsweise, wenn eine fremde Sprache zu transkribieren ist die zwei verschiedene S-Laute hat (z.B. Arabisch) und ein Autor will den einen mit s und den anderen mit ß wiedergeben.

Eine andere Möglichkeit wäre es, wenn eine Romanfigur eine komische Aus­sprache hat, und der Autor läßt ihn dann Sätze sagen wie „Die ßtrahlende ẞonne ßteht ßenk­recht über der ßaurig–ßönen ẞeune“.

Vielleicht fällte es Dir auf, daß ich in diesem Satz zweimal den GROẞBUCHSTA­BEN verwendet habe, der ein bißchen anders proportioniert ist als der Klein­buch­stabe: ß und ẞ. Der ist eigentlich dazu erfunden worden, daß man ẞ auch in Versal­schrift (=alles Großbuchstaben, wie im obigen Beispiel), aber man kann ihn natürlich auch mal leicht zweckentfremden.

Woher ich das weiß:Hobby – Angelesenes Wissen über Sprach­geschich­te und Grammatik

padulick 
Fragesteller
 08.04.2018, 16:16

Perfekt! Genau die Antwort, die ich gebraucht habe! Demnach haben Namen / Begriffe einen mehr als speziellen Wiedererkennungswert, wenn man ihren Anfangsbuchstaben (in dem Fall das "S") einen Buchstaben ersetzt, der eigentlich im Normalfall dort niemals stehen dürfte (in dem Fall ein "ß").

0
padulick 
Fragesteller
 08.04.2018, 16:18
@padulick

Disney hat das z.B. bei ihrem Kinohit "Aladdin" gemacht. Denn eigentlich schreibt sich "Aladin" nur mit einem "n". So aber blieb er den Leuten besser im Gedächtnis, da es sicher viele gab, die sich an dieser "falschen" Rechtschreibung störten. Der Rest dürfte dann "Mundpropaganda" gewesen sein - eine geniale Marketing-Strategie!

0
indiachinacook  08.04.2018, 16:47
@padulick

Das ist leider falsch. ʿAlā’-ad-Dīn علاء الدين ‘Adel des Glaubens’ schreibt sich natürlicherweise mit -dd-, das erste d kommt vom Artikel al- (dessen L vor D selbst zu einem D wird), und dann haben wir noch ein zweites D von Dīn (‘Glaube’). Viele arabische Namen haben die Form ‘X des Glaubens’ und enden dann in ad-Dīn.

Das bekannteste Beispiel ist Ṣalāḥ ud-Dīn ‘Gerechtigkeit des Glaubens’, den die Kreuzfahrer um eine Silbe amputiert als Salad(d)in ausgeprochen haben. Oder Nizām-ud-Dīn „Fürst des Glaubens” und besonders of Nūr ad-Dīn ‘Licht des Glaubens’. Im Deutschen sind alle möglichen komischen Formen üblich, z.B. Nureddin.

Auch wenn es weh tut: Hier hat Disney nichts falsch gemacht.

1

Wörter mit "ß" am Anfang gibt es einfach nicht, aus guten Gründen. Nebenbei: dieses “ß" ist typographisch in den heute gängigen Schriften ("fonts") ohnehin ein Fremdkörper, und die Schweizer können übrigens auf dieses Symbol (das für mich immer wie ein "beta" aussieht) locker verzichten.


Arlecchino  08.04.2018, 15:44

Auch das ist nicht richtig. Nahezu alle in deutsche Textverarbeitungsprogramme eingebundenen Schriften enthalten das "ß", so wie man es auch auf der deutschen Tastatur findet. Dafür haben wir z. B. nicht, wie die Franzosen, Tasten für "é" oder "è". Französische Tastaturen haben dafür Tasten, für diese Buchstaben müssen wir Tastenkombinationen verwenden.

β und ß nicht auseinanderhalten zu können, zeugt meiner Ansicht nach nicht in besonderer Weise von Fortschrittlichkeit oder Souveränität.

Noch haben es die EU-Bürokraten nicht geschafft, "ß", "é", Rohmilchkäse und manches andere, das sich Ignoranten nicht erschließt, abzuschaffen.

0
rumar  08.04.2018, 17:55
@Arlecchino

Naja, das "ß" kommt in diesen Textverarbeitungsprogrammen vor, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass jeder Font-Entwickler sich über dieses sonderbare Zeichen eigentlich ärgert. Es stammt eben wirklich aus einer altertümlichen Handschrift, in welcher ein altertümliches "s" und ein altertümliches "z" zu einem Zeichen "verheiratet" wurden.

β und ß nicht auseinanderhalten zu können.....

Wenn ich mir Mühe gebe, kann ich das zwar schon - aber z.B. schon OCR-Programme (die z.B. Adressen auf Briefen entziffern müssen, haben damit bestimmt auch erhebliche Probleme !)

0

Können ja, solange es das Schreibwekzeug mitmacht. Aber alle solche Wörter wären falsch, weil es diese nicht gibt.

Ja, wir Westfalen. Wir sprechen "Lüdenscheid" als "Lüden-ß-cheid" aus, kein Problem für uns.

Unsere Nachbarn, die Niederländer können das auch!

Das gibt es deswegen nicht, weil im Deutschen der scharfe S-Laut so gut wie nicht zu Anfang eines Wortes vorkommt.

Praktisch alle Ausnahmen sind entweder Fremdwörter (Salsa, Setting, Sugo) oder Dialekt (Stein oder spitz auf Hamburgisch). Das einzige deutsche Wort mit einem scharfen S im Anlaut, das mir ansonsten einfällt, ist Smaragd.


Goodquestion42  08.04.2018, 15:51

Ich kenne das (aus Berlin und Umgebung) so, dass man das Wort Stil zur Abgrenzung vom Stiel auch mit scharfem S spricht. Ob das überall in Deutschland so gehandhabt wird, weiß ich nicht.

0
Pangaea  08.04.2018, 15:57
@Goodquestion42

Ja, ich auch. Aber "Stil" ist ja auch ein Fremdwort, aus dem Französischen (style).

0
indiachinacook  08.04.2018, 16:16

Im Süden ist jedes S am Wortanfang stimmlos: Sonne, Seife, Sand, Sauerei, nur beim Wort säuseln macht man manchmal eine Ausnahme.

Und Stil gleich wie Stiel auszusprechen finde ich ßtillos.

1
rumar  09.04.2018, 15:30

Das gibt es deswegen nicht, weil im Deutschen der scharfe S-Laut so gut wie nicht zu Anfang eines Wortes vorkommt.

Es kann aber durchaus mal vorkommen, dass man den Ausdruck "Sauhund" oder "Sauerei" tatsächlich als ein sehr scharfes S ausspricht. Diese Kraftausdrücke werden dann aber oft gar nicht protokolliert.

0
Pangaea  09.04.2018, 19:18
@rumar

Ja, das hat @indichinacook bereits gesagt. Fällt unter das Stichwort Dialekt.

0