ich kann es nur fürs alte Rom beantworten, die griechische Kultur war da anders, wobei sich das aber auch wandelte, und ich kenne mich nicht so aus.
Die Unterscheidung war nicht "homo" oder "heterosexuell". Die Sexualität war streng hierarchisch, und an der Spitze der Nahrungskette stand der männliche, freie römische Bürger. Mann war, wer - ganz gleich wen oder was, penetriert. Den weiblichen und damit in römischen Augen unterworfenen, minderwertigen Part nahm die Person ein, die passiv war. Das passt dann auch zur Vergewaltigung von männlichen Kriegsgefangenen.
Der Druck auf den römischen Bürger war so groß, diesem Ideal zu genügen, dass er eigentlich nur mit Leuten niedrigerem Stand ( Nichtbürgern, Sklaven, Freigelassenen, Prostituierten) und jüngeren als sie selbst homosexuelle Beziehungen eingehen konnte. Dann war es nämlich für die Umwelt klar, wer der Aktive ist. Es gab nur wenige wie die kurzzeitigen Kaiser Galba und Vitellius, die anscheinend eine Vorliebe für stramme Männer hatten (und selbst da wird es Propaganda ihrer Nachfolger gegen sie sein).
Als die Römer mit der griechischen "Knabenliebe", wobei man nicht an Kinder denken sollte, der "pais" war ein Junge in der Pubertät, und eine Erastes/Eromenos - Beziehung, also ein Mentor/Mentee- Verhältnis innerhalb des Adels und der Hochgestellten, die Sex einschließen konnte, jedoch nicht musste, in Kontakt kamen, stürzten die sich auf den sexuellen Aspekt. Es wurde "modern", sich mit schönen Sklavenjünglingen zu umgeben. Heutzutage würde man das sexuelle Ausbeutung nennen, die Römer sahen Sex als gewöhnlichen Sklavendienst an.
Außer mit Jünglingen schliefen die Römer auch mit Sklavinnen und mit Prostituierten. In einer Welt, die keine sexuell übertragbaren tödlichen Krankheiten kannte, und die Prostitution alltäglich und äußerst billig war (eine Prostituierte verlangte nicht mehr als eine preiswerte Mahlzeit kostete)wurde die Triebabfuhr als "gesund" betrachtet. Nur sehr reiche Männer sponserten auch Hetären, das waren gebildete Gesellschafterinnen, wobei der Sex dann nicht die Hauptrolle spielten.
Zu den Ehefrauen: Es wurde erwartet, dass die Ehefrau sexuell zurückhaltend war, und Männer gingen tatsächlich zu Prostituierten, wenn sie Oralsex ausüben wollten, weil sie "das ihrer Gattin nicht zumuten konnten". Viele Frauen haben sich an die Regeln nicht gehalten: sie waren oft wohlhabend und unabhängig (rechtlich nie, aber de facto doch). Sie hatten eine äußerst schlechte Presse: Messalina, Agrippina, Livia, um ein paar Beispiele zu nennen. Ihre Aufgabe war es tatsächlich, das Projekt "Familie" zu managen und Kinder zu bekommen. Ihr Mann empfand ihnen gegenüber nicht "amor", das war körperliche Liebe, für Sklavinnen oder Hetären reserviert, sondern "pietas", das ist die sittliche Verpflichtung Menschen und Göttern gegenüber.
"Heilige und Hure" hat da sehr gut funktioniert.
Also es ging um Status und Macht, keineswegs um eine gesellschaftlich tolerierte homosexuelle Beziehung, wie wir das heute verstehen, bei der die Partner sich vielleicht auch lieben und rechtlich gleichgestellt sind. Das ist die von heute konträre sexuelle Moral der Antike.