Hallo Tommek14czoi,
die Aussage der Speziellen RelativitÀtstheorie (SRT), dass Zeit relativ ist, bedeutet, dass die LÀnge der Zeitspanne zwischen zwei Ereignissen davon abhÀngt, in welchem Koordinatensystem wir rechnen, welches wir also als Bezugssystem ausgewÀhlt haben.
Gemeint sind damit nicht z.B. zwei relativ zueinander rÀumlich gedrehte oder verschobene Koordinatensysteme, sondern solche, die von relativ zueinander bewegten Körpern aus definiert sind.
Die RelativitÀt der Zeit bezieht sich freilich nicht nur auf Zeitspannen, sondern auch darauf, wann genau ein Ereignis, das wir gerade beobachten, stattgefunden hat und ob zwei rÀumlich getrennte Ereignisse, die wir gerade beobachten, gleichzeitig stattgefunden haben oder nicht.
Im Folgenden gehe ich etwas ins Detail:
Zwei Uhren, zwei Koordinatensysteme
Betrachten wir eine Uhr U. Von ihr aus können wir ein Koordinatensystem ÎŁ definieren. Dieses ist raumzeitlich zu verstehen, d.h., dass die von U aus ermittelte Zeit t (U- Koordinatenzeit) dazu gehört. Findet etwa zur Zeit tâ am Ort (xâ | yâ | zâ) ein Ereignis Ăâ statt, sind (tâ | xâ | yâ | zâ) dessen Koordinaten.
Eine zweite Uhr U' bewege sich mit konstanter 1D-Geschwindigkeit v entlang der x-Achse von ÎŁ. Von U' aus können wir ein Koordinatensystem ÎŁ' definieren, in dem natĂŒrlich U' still steht und sich stattdessen U mit âv (gleiches Tempo, entgegengesetzte Richtung) bewegt.
Das RelativitĂ€tsprinzip (RP) von GALILEI (1564-1642) sagt aus, dass ÎŁ und ÎŁ' physikalisch gleichwertig sind, d.h. die grundlegenden Beziehungen zwischen physikalischen GröĂen (nichts anderes sind Naturgesetze, wobei sich GALILEI die Gesetze der Mechanik bezog) sind in ÎŁ und ÎŁ' identisch.
Die Aussage der SRT, dass Zeit relativ ist, bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die von U aus (unter der Annahme, dass U stationĂ€r ist) ermittelte Zeitspanne Ît = tâ â tâ zwischen zwei Ereignissen Ăâ und Ăâ nicht dieselbe sein muss wie die von U' aus (unter der Annahme, dass U' stationĂ€r ist) ermittelte Zeitspanne Ît' = t'â â t'â zwischen denselben beiden Ereignissen.
Finden Ăâ und Ăâ "in unmittelbarer NĂ€he" von und in derselben Position relativ zu U' statt, ist die Zeitmessung von U' aus direkt, und Ît' ist mit der Eigenzeit ÎÏ zwischen den Ereignissen identisch.
In der NEWTONschen Mechanik (NM), benannt nach NEWTON (1643-1727) gilt Zeit noch als absolut, also unabhĂ€ngig von der Wahl des Bezugssystems. d.h. es wĂ€re in diesem Fall ÎÏ = Ît' = Ît.
RelativitÀt der Gleichortigkeit
Da Ăâ und Ăâ in der NĂ€he von und in derselben Position relativ zu U' stattfinden und sich U' in x-Richtung von ÎŁ mit v bewegt, finden Ăâ und Ăâ im rĂ€umlichen Abstand Îx = vâÎt statt, in ÎŁ' jedoch am selben Ort, sie sind gleichortig. Dies gilt natĂŒrlich in der NM genauso wie in der SRT.
Allgemein werden Ereignisse, fĂŒr die es ein Koordinatensystem gibt, in dem sie gleichortig sind, als zeitartig getrennt bezeichnet.
GALILEI meets MAXWELL
Wie oben gesagt, dachten GALILEI und NEWTON an die Gesetze der Mechanik. Zu den Naturgesetzen gehören freilich auch die Grundgleichungen der Elektrodynamik, wie sie MAXWELL (1831-1879) formulierte.
Aus ihnen leitete MAXWELL schon die elektromagnetische Wellengleichung her, und zwar direkt. Das macht auch diese Wellengleichung zum Naturgesetz, und damit sollte sie dem RP unterliegen. Das wĂŒrde aber auch bedeuten, dass sich elektromagnetische Wellen, also z.B. Licht- und Funkwellen, relativ zu U und relativ zu U' mit demselben Tempo c bewegen sollten, unabhĂ€ngig von der Bewegungsrichtung.
Dies ist weder mit der NM noch mit der damals verbreiteten Hypothese eines absolut ruhenden Ăthers vereinbar, es sei denn, der Ăther sorge durch die Beeinflussung von Körpern (Kontraktion in Bewegungsrichtung und Verlangsamung aller VorgĂ€nge) dafĂŒr, dass ein bewegter Beobachter von seiner Bewegung nichts merkt.
Diesen Standpunkt vertrat z.B. LORENTZ (1853-1928). Seine Ăthertheorie unterscheidet begrifflich zwischen der "Ortszeit", die ein relativ zum Ăther bewegter Beobachter misst, und der im Ăther gĂŒltigen "wirklichen" Zeit.
EINSTEIN (1879-1955) gab diese Unterscheidung auf und wandte strikt das RP auf die Wellengleichung an. Das Ergebnis ist die SRT, die ĂŒbrigens dieselben Vorhersagen macht wie LORENTZ' Ăthertheorie, allerdings mit weniger begrifflichem "Ballast".
RelativitÀt der Gleichzeitigkeit
Hier wollen wir wieder U und U' heranziehen: U sei die Borduhr des mittleren von drei relativ zueinander im Abstand d ruhenden Raumfahrzeugen A, B und C, wobei A bei x = âd und C bei x = d schwebt; U' sei die Borduhr eines weiteren Raumfahrzeugs B', und Ăâ und Ăâ sollen hier der Vorbeiflug von B' an A und B sein.
Alle Raumfahrzeuge stehen in Sicht- und Funkkontakt. Wir interessieren uns besonders fĂŒr die Signale von A und C, die B und B' bei ihrer Begegnung (tâ bzw. t'â) erreichen.
In ÎŁ kommen beide Signale aus derselben Entfernung d und mĂŒssen daher beide zur Zeit tâ â dâc abgeschickt worden sein.
In Σ' stellt sich das Bild ganz anders dar, weil hier A, B und C als Konvoy an B' vorbei ziehen. A entfernt sich, muss also nÀher gewesen sein, wÀhrend C sich nÀhert, also weiter entfernt gewesen sein muss. Genauer muss C bei seiner Absendung um den Faktor
(1) (1 + vâc)/(1 â vâc) =: KÂČ
weiter von B' entfernt gewesen sein als A bei seiner. Da sich beide Signale mit c bewegt haben mĂŒssen, muss das Signal von C um den Faktor KÂČ "Ă€lter" sein als das von A.
Abb. 1: Schematisches Raumzeit-Diagramm zum Vorbeiflug von A, B und C einerseits und B' andererseits aneinander