was verstehen biologen unter einer art?

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was verstehen biologen unter einer art?

Das kommt sehr darauf an, um welche Fragestellung bzw. welches Forschungsgebiet es geht und welches Artkonzept man zugrunde legt. Es gibt unzählige Artdefinitionen, die unterschiedliche Vor- und Nachteile haben und mal mehr und mal weniger gut geeignet sind.

Das populärste Artkonzept, das auch heute noch breite Anwendung findet, ist das biologische Artkonzept. Es definiert eine Art als Fortpflanzungsgemeinschaft, d. h. Individuen, die sich untereinander uneingeschränkt fortpflanzen können. Bei Tieren und Pflanzen funktioniert das Konzept der Biospezies meist sehr gut. Ein Vorteil ist, dass es (meist) sehr eindeutig ist, denn entweder ist eine erfolgreiche Fortpflanzung möglich oder nicht. Tiger und Löwen sind beispielsweise getrennte Arten; sie können zwar unter künstlichen Bedingungen gekreuzt werden, aber ihre Nachkommen sind unfruchtbar. Kompliziert wird es, wenn noch andere Kriterien zur Abgrenzung einer Art herangezogen werden. Eis- und Braunbär beispielsweise sind uneingeschränkt untereinander kreuzbar, müssten also, wenn man dem biologischen Artkonzept allein folgt, als Unterarten derselben Spezies gelten. Eisbären werden nur deshalb als eigenständige Art geführt, weil sie sich von Braunbären hinsichtlich ihres Aussehens (Fellfarbe, Größe, Körperproportionen) und ihrer Lebensweise (fast ausschließlich Fleischfresser, während Braunbären überwiegend Pflanzen fressen) deutlich unterscheiden. Ein großer Nachteil des Biospezieskonzepts ist, dass nur aufwändige Kreuzungsexperimente Licht ins Dunkel bringen können. Bei vielen Arten wissen wir zu wenig über ihre Fortpflanzung, um sie experimentell züchten zu können und bei Arten, die sich nicht sexuell vermehren, z. B. bei allen Mikroorganismen, versagt das Konzept völlig.

Sehr ähnlich ist das evolutionäre Artkonzept, das das biologische Artkonzept um die zeitliche Dimension erweitert. Es definiert eine Art als eine evolutionäre Linie, also eine Abfolge von sich fortpflanzenden Generationen. Sie "beginnt" und "endet" also mit der Aufspaltung in zwei getrennte Fortpflanzungseinheiten.

Eine andere Möglichkeit Arten zu definieren, besteht darin, sich ihr Aussehen anzuschauen. Das morphologische Artkonzept definiert eine Art als Individuengemeinschaft mit übereinstimmenden anatomischen und morphologischen Merkmalen. Einfach gesagt: alles, was gleich aussieht, gehört zu einer Art. Das klingt einfach, es gibt aber auch hier Schwierigkeiten. Zum einen sind morphologische Merkmale immer auch etwas willkürlich. Die Individuen einer Art sehen sich zwar ähnlich, sie sind ja aber nicht alle exakt gleich. Wie groß die Variationsbreite eines Merkmals sein soll, ist immer eine Ermessenssache. Daher können zwei verschiedene Systematiker auf Grundlage derselben Merkmale zu unterschiedlichen Ansichten gelangen. Was für den einen dann schon eine eigene Art ist, wäre für den anderen womöglich nur eine Unterart. Zudem kann das Aussehen einer Art auch regional sehr verschieden sein, v. a. bei einem großen Verbreitungsgebiet. Möglicherweise führt das dazu, dass zwei verschiedene Farbmorphen als unterschiedliche Arten beschrieben werden, obwohl sie eigentlich zu einer Art gehören. Das ist z. B. bei der Raben- und der Nebelkrähe der Fall. Beide gehören eigentlich zur selben Art, sind uneingeschränkt kreuzbar und unterscheiden sich auch genetisch nicht sehr vineinander. Umgekehrt kann es auch passieren, dass zwei (oder mehr) Arten einander so ähnlich sehen, dass sie für dieselbe Art gehalten werden. Man spricht in diesem Fall von kryptischen Arten. Ein Beispiel dafür ist die Tigerkatze aus Südamerika, die in Wirklichkeit einen Komplex aus zwei, vielleicht sogar drei Arten bildet, die sich äußerlich sehr ähnlich sehen, sich aber nicht miteinander kreuzen. Weitere Beispiele für kryptische Arten sind die Smaragdeidechsen und Stumpfkrokodile.

Auch Paläontologen sind quasi gezwungen, das morphologische Artkonzept antuwenden. Alles, was sie zur Verfügung haben, sind ja nur ein Haufen alter Knochen. Kreuzungsexperimente sind damit nicht möglich und DNA für phylogenetische Analysen (s. u.) enthalten allenfalls nur sehr junge Fossilien. Den Paläontologen bleiben also nur morphologische Merkmale. Hinzu kommt noch, dass sich über die Zeit das Aussehen einer Art verändern kann. Das morphologische Artkonzept wird in der Paläontologie deshalb noch um den Faktor der Zeit erweitert. Als Chronospezies beschreibt man eine Art, die innerhalb einer bestimmten Zeitspanne ein bestimmtes Aussehen hat(te). Beispielsweise hat sich die Entwicklung des Menschen über die Zeit hinweg graduell entwickelt. Die einzelnen Entwicklungsstadien wurden als unterschiedliche Chronospezies beschrieben, z. B. Homo habilis, Homo erectus und Homo sapiens. Streng genommen hat es sich dabei aber nicht um unterschiedliche Arten gehandelt, sondern um dieselbe Evolutionslinie, die zu verschiedenen Zeitpunkten nur etwas anders aussah.

In der Mikrobiologie ist die Anzahl morphologischer Kriterien begrenzt. Selbst unter dem Mikroskop sehen alle Bakterien mehr oder weniger gleich aus. Mal sind sie etwas runder, mal etwas länglicher, mal etwas gedreht, aber das war's auch schon. Daher schaut man sich hier die physiologischen Merkmale an, erweitert also das morphologische Artkonzept zum physiologischen Artkonzept, indem man sich z. B. anschaut, wie Bakterien mit Sauerstoff umgehen (aerob, fakultativ aerob, anaerob) oder ob sie bestimmte Substrate wie Schwefel, Stärke usw. verwerten können. Ein Nachteil ist, dass viele Stoffwechselleistungen mehrfach unabhängig entwickelt worden sein können. Über die tatsächliche Verwandtschaft sagt das oft nichts aus.

In jüngerer Zeit vergleicht man Mikroorganismen genetisch miteinander (genetisches Artkonzept). Festgelegt wurde dabei, dass alles, was genetisch mehr als drei Prozent voneinander abweicht, zu unterschiedlichen Arten gehört. Diese Grenze ist aber rein willkürlich. Man hätte ebenso gut einen Prozent, fünf Prozent oder 3.67832 % festlegen können; eine Begründung dafür, warum drei Prozent gewählt wurden, gibt es nicht. Auch kann es sein, dass zwei Bakterienstämme genetisch sehr ähnlich sind, sich physiologisch aber erheblich unterscheiden.

Gerade in den letzten Jahren gewann zunehmend das phylogenetische Artkonzept an Bedeutung. Es definiert eine Art als Individuengemeinschaft, die eine Abstammungslinie (phylogenetische Linie) bildet. Dabei sucht man nach Merkmalen, die kennzeichnend für eine Abstammungslinie sind, sog. Apomorphien oder abgeleitete Merkmale. Solche Apomorphien können morphologische Merkmale sein, aber auch molekularbiologische, z. B. Sequenzunterschiede in der DNA. Der technologische Fortschritt macht DNA-Sequenzen höchst interessant, weil sich auch große Informationsmengen immer kostengünstiger und schneller miteinander vergleichen lassen. Hinzu kommt, dass mit der Begründung der Paläogenetik in einem begrenzten Umfang auch die DNA ausgestorbener Organismen mit denen heute lebender Arten verglichen werden können, z. B. von Neanderthalern, Mammuts, Säbelzahnkatzen, Riesenschildkröten und Macrauchenia, ein südamerikanisches Huftier. Der Vorteil der DNA-Vergleiche besteht darin, dass eine riesengroße Menge an Einzelmerkmalen gleichzeitig miteinander verglichen werden kann, nämlich jedes einzelne homologe Nukleotid, und dass jedes Merkmal sehr leicht bestimmbar ist, weil es nur vier mögliche Merkmalszustände gibt (A, T, G oder C). Nachteil des phylogenetischen Artkonzepts ist, dass auch dieses wieder dem Interpretationsspielraum des jeweiligen Systematikers unterworfen ist. Es gibt keine feste Grenze, ab welchem Grad an Unterschied in Zeit oder DNA-Sequenz eine phylogenetische Linie als eigenständig gilt oder nicht. Treibt man es auf die Spitze, müsste man streng dem phylogenetischen Artkonzept folgend jedes Individuum als eigene Art auffassen, weil ja jedes Individuum genetisch einzigartige Merkmale besitzt. Deshalb haben sich zwei unterschiedliche Lager ausgebildet, die lumping taxonomy und die splitting taxonomy. Die sog. Lumper legen mehr Wert auf Gemeinsamkeiten und gestehen einer Art einen größeren Variationsspielraum zu. Die Splitter betonen hingegen die Unterschiede stärker, dementsprechend trennen sie eine Linie schon bei geringfügigen Unterschieden als eigene Art an. Beispielsweise fassen Lumper alle Steppengiraffen zu einer Art zusammen, da alle Giraffen problemlos miteinander kreuzbar sind. Splitter hingegen unterscheiden mal drei, mal sogar vier Arten.

Das Konzept der General lineage (allgemeine Entwicklungslinie) kombiniert phylogenetisches und biologisches Artkonzept. Es berücksichtigt, dass manchmal verschiedene Entwicklungslinien miteinander kreuzen, aber als eigene Arten gelten, solange ihre allgemeine Unabhängigkeit gewahrt bleibt. Beispielsweise kann es manchmal vorkommen, dass Schell- und Schreiadler miteinander hybridisieren, Grün- und Grauspechte oder Ringelnatter und Barren-Ringelnatter. Das geschieht aber eher selten.

Das populationsgenetische Artkonzept definiert eine Art als eine Population, die einen gemeinsamen Genpool bildet. Eine populationsgenetische Art ist also eine eine Gruppe von Individuen, die sich formal im Hardy-Weinberg-Gleichgewicht befindet.

Einen ganz anderen Ansatz verfolgt das ökologische Artkonzept. Hierbei ist eine Art eine Individuengemeinschaft, die die gleiche ökologische Nische besetzt. Die ökologische Nische setzt sich aber aus vielen verschiedenen Dimensionen zusammen, z. B. Temperaturanspruch, Nahrung, Wasserbedarf, Salzgehalt, ... In der Praxis können nur einige Teilaspekte der ökologischen Nische miteinander verglichen werden.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Früher war die Definition einfach. Eine Art war eine Fortpflanzungsgemeinschaft, die fruchtbare Nachkommen hervorbringt.

Dieses Artkonzept ist überholt. Heute sind viele, nah verwandte Arten anerkannt, die miteinander hybridisieren können und deren hybride Nachkommen fruchtbar sind.

Was eine Art ist, wird heute anhand verschiedener Faktoren entschieden. Eine Art ist eine sich selbst erhaltende Population, deren Individuen sowohl phänotypisch, als auch genotypisch arttypische Eigenschaften und arttypische Verhaltensweisen gemeinsam haben, die sie von anderen Arten unterscheiden.

Meist wird auch noch angenommen, dass die Individuen einer Art sich bevorzugt innerartlich verpaaren, auch wenn verwandte Arten in der Nähe leben, mit denen sie potenziell fruchtbaren Nachwuchs zeugen könnten. Dieses Verhalten hält die Buntbarscharten des Malawisees auseinander, von denen viele miteinander fruchtbare Nachkommen haben könnten, wenn sie wollten. Dieses Aspekt des Artkonzept ist aber auch der Grund, warum bis heute umstritten ist, was mit den verschiedenen (aktuell müssten es 3 oder mehr sein), als valide geltenden Arten von Guppys ist, die nachweislich "exotische" Partner bevorzugen, wenn sie die Wahl haben, die also lieber hybridisieren als innerhalb der eigenen Art zu bleiben.

Es gilt heute auch der Grundsatz, dass Arten nur valide sein können, wenn sie in der Natur entstanden sind. Menschengemachte Zucht kann keine Arten hervorbringen. Auch dieses Konzept ist problematisch. Hunde unterscheiden sich so sehr von Wölfen, dass sie ohne Zweifel als eigene Art gelten würden, wenn sie in der Natur ohne menschliches Zutun entstanden wären. Außerdem stellt sich die Frage, wie man Natur definiert und wo menschliche Einfluss anfängt so groß zu werden, dass in der Folge dieses Einflusses entstandene Arten keine Arten mehr sein dürfen. Durch menschliche Aktivität kommen sich Grizzlybären und Eisbären immer näher. Sie zeugen fruchtbaren Nachwuchs, der Merkmale beider Arten in einer Weise teilt, dass er mehr ein kältefesterer, besser schwimmender Grizzly als ein an Wärme angepasster Eisbär ist. Es ist möglich, dass sich aus diesen Hybriden eine selbsterhaltende Population entwickelt, die dann eine eigene Art ist. Aber die Umweltveränderungen, die das ermöglichen, sind zu weiten Teilen menschengemacht. Ist das dann eine Art, oder nicht? Oder erlischt dann der Eisbär einfach wieder, der sich ja eh erst vor weniger als 150000 Jahren aus dem Braunbär entwickelt hat, dessen Unterart der Grizzly ist?

Eins steht fest: Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Meistens versteht man unter einer Arte eine Fortpflanzungsgemeinschaft, also alle Lebewesen, die sich miteinander Fortpflanzen können und auch wieder fortpflanzugsfähige Nachkommen zeugen gehören zu einer Art.
Allerdings ist das nur ein Artkonzept, es gibt mehrere.

Eine Art ist eine formal beschriebene und benannte Form von Lebewesen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Art_(Biologie)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit 20 Jahren im Bereich Rettungshunde tätig und Tierhalter

Also prinzipiell gibt es verschiedene Artbegriffe.

Wir haben bisher 2 Artbegriffe geklärt. Einmal den morphologischen Artbegriff und den biologischen Artbegriff.

Beim morphologischen Artbegriff zählt man alle Lebewesen zu einer Art, die bauähnliche Merkmale haben und beim biologischen Artbegriff zählt man alle Lebewesen zu einer Art, die sich fortpflanzen können UND dabei fertile Nachkommen hervorbringen können.

Soweit ich informiert bin, gibt es aber mehrere Artbegriffe.