Warum konnte früher ein Einzelverdiener eine Familie ernähren und noch ein Haus finanzieren?

16 Antworten

Von Experte Udavu bestätigt

Früher konnte eine Familie von einem Einzelverdiener durch eine Kombination aus mehreren Faktoren ernährt und ein Haus finanziert werden. Zunächst war es möglich, insgesamt weniger zu verdienen. Löhne und Gehälter waren meist niedriger als heute, und nur sehr wenige Profisportler oder Schauspieler stieg überhaupt in die sechsstellige Einkommensskala. Gleichzeitig waren die Lebenshaltungskosten, einschließlich Wohnungen, Sozialabgaben und Versicherungen, wesentlich niedriger als heute.

Darüber hinaus sollte betont werden, dass früher mehr Familienmitglieder arbeiten mussten. Zum Beispiel blieb es den Müttern offen, ob sie in Teilzeit arbeiten wollten, während Kinder den Haushalt beitrugen. Vielerorts war es auch üblich, dass Großeltern aus beiden Familien die Enkel betreuten, wodurch mehr Erwachsene in das Familieneinkommen einbezogen wurden. In Verbindung mit der Tatsache, dass in früheren Jahren familien- oder gruppenorientierte Unternehmen den einzelnen wirtschaftlichen Erfolg förderten, konnte ein Einzelverdiener eine Familie ernähren und ein Haus finanzieren.

Mein Großvater war Beamter. Kaufte sich ein Grundstück und baute darauf ein schönes Haus. Aus alten Unterlagen sehe ich, dass damals Kredite 8-10% teuer gewesen sind.

Dann kam die Währungsreform. Das Haus war bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht abbezahlt. D. h. er bekam eine Mitteilung in der es hiess, dass eine sog. Hypothekengewinnabgabe zu zahlen sei. Die entstand durch die Umrechnung der Währung in DM.

Während des Krieges wurde das Haus teilweise zerstört und die Schäden mussten beseitigt werden. Also neue Schulden.

Auch das schaffte er als Alleinverdiener. Wii hatten damals neben dem Garten am Haus noch zwei weitere Gärten und Obstbäume. In den Gärten wurde alles angepflanzt was man benötigte. Obst wurde eingemacht, oder zu Marmelade verarbeitet. Weisskraut eingelegt und zu Sauerkraut. Im Keller standen Regale in denen das Eingemachte gelagert wurde. So konnte man immer darauf zurückgreifen.

Dann hielt er sich Hühner. Also gab es auch genug Eier.

Das alles war mit sehr viel Arbeit verbunden. Gekauft wurde nur, was man selber nicht herstellen konnte.

Es wurde mit Holz und Koks geheizt. Meist sass man da in der Küche. Während der Winterzeit wurde im Wohnzimmer nur dann geheizt, wenn Besuch zu erwarten war.

Im Sommer wurde verderbliche Ware gekühlt. Da hatten wir einen Holzbehälter der innen mit Blech verkleidet war. Jede Woche kam dann von der Brauerei einer mit Pferden und lieferte uns Eis für den Behälter.

Fernseher gab es noch keinen. Nur ein Radio, wo man täglich die Nachrichten hörte.

Ab und an gingen wir auch mal in eine Gaststätte zum Essen. Das war dann etwas Besonderes.

Der Bruder meiner Oma hatte eine Kleiderfabrik. Da bekamen wir jedes Jahr neue Kleidung.

In der Grundschule bekamen wir Essen, was man Schulspeisung nannte. Das Essen wurde von einer amerikanischen Einrichtung gespendet..

So kam man über die Runden.

Man kannte es nicht anders und vermisste auch nichts, was es damals nicht gab.

Weggeworfen wurde nur, was absolut nicht mehr zu verwenden war.

Im Grunde hat es uns an nichts gefehlt. Ein übersteigertes Konsumverhalten wie heute gab es nicht.

Nach dem zweiten Weltkrieg kam der Wiederaufbau. Es wurde wieder produziert und Bedarf war überall vorhanden. So entwickelte sich unsere Wirtschaft immer weiter und auch das Konsumverhalten passte sich an.

Man kann diese Zeitabschnitte nicht vergleichen. Wachstum ist angesagt und das ohne Ende.

Diese Entwicklung kann man nicht rückgängig machen. Stillstand wäre Rückschritt.

Wir haben uns an den Überfluss gewöhnt. leben in einer Zeit in der es an nichts mangelt. Vieles wird weggeworfen, obwohl es noch repariert werden könnte.

Die Mieten sind heute hoch. Bauen kann man nur wenn man die hohen Preise schultern kann. Vielleicht bekam man früher für weniger Geld mehr.

Das muss man glaube ich differenzierter betrachten. Beim Thema Immobilien hast du absolut recht, diese sind in Relation so teuer geworden, dass man als Normalverdiener in den größeren Städten kaum noch kaufen kann. Dennoch waren die Zinsen auch früher schon deutlich höher und ganz selbstverständlich war kaufen auch früher nicht, an der Eigentumsquote hat sich ja schon seit langem nichts wesentlich geändert. Das heute noch so viel gekauft wird hängt nur damit zusammen, dass in Deutschland so extrem viel vererbt wird. Dabei gibt es aber eher das Problem der extrem ungleichen Verteilung von Geld und Geldwerten und das noch weiter zunehmend. Heutzutage haben sich aber auch die Ansprüche verändert, meine Erachtens haben sich viele früher mit weniger zufrieden gegeben und in der heutigen krassen Konsumgesellschaft will jeder alles haben und meint nur mit viel Geld glücklich sein zu können. Alleinverdienerfamilien haben vor 30 oder 40 Jahren aber i.d.R. auch nicht im übermäßigen Konsum gelebt und wer dann noch ein Haus hatte musste sich oft besonders stark einschränken. Insofern glaube ich gar nicht, dass in der Wirtschaft so viel schief läuft und dabei hätte die Politik auch nur begrenzte Möglichkeiten steuernd einzugreifen. Eher sehe ich das Problem, dass die Politik nicht genug gegen die ungleiche Verteilung von Vermögenswerten unternimmt, da könnte man auch besser regulierend eingreifen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Sozialarbeiter / städtischer Kita-Bereichsleiter

Es ist nicht unbedingt nur "die Wirtschaft", die Hausbau verhindert, sondern die Einstellung vieler Menschen. Auch frueher hat nicht jeder bauen koennen oder wollen.

Meine Grosseltern konnten sich ein kleines 3-Zimmer-Haus leisten, wohl so um 60 / 65qm herum (wer will heute noch sowas kleines?), weil sie eisern gespart haben und ihr ganzes Leben dem Traum vom Haus untergeordnet haben. Grossvater war Arbeiter im 3-Schicht-Dienst, Grossmutter war mit 2 Kindern Zuhause. Jedes Kind ein eigenes Zimmer? Von wegen, die Schwestern haben sich ein kleines Zimmer geteilt. Wo gibt es das heute noch?

Der Garten wurde, so lange die Saeh-, Setz- und Erntezeit dauerte, intensivst beackert, die grosse Ernte (Obst, Gemuese, Kartoffeln) eingekocht oder eingelagert. In Urlaub ist meine Mutter bis zu ihrem Auszug von Zuhause nur 1x gefahren, von Duesseldorf an die Mosel mit dem Zug, denn ein Auto gab es nicht. Nur die noetigste Kleidung gab es fuer die Kinder, wenig Spielsachen, ....oft hiess es: "Brauchst du das wirklich", wenn es sich nur um ein popeliges preiswertes Buch handelte. Suesses war ein Fest, wenn man mal was gekauft bekam.

Ich kann es manchmal gar nicht glauben, wie sehr sich die Zeiten veraendert haben, wie bescheiden viele Menschen vor nicht allzu langer Zeit lebten, um ihren Traum zu verwirklichen und wie fordernd und unzufrieden viele heutzutage sind.

Meine Grosseltern waren mit ihrem Leben gluecklich. Meine Mutter hat zwar manchmal Kinder aus reicheren Familien, von Aerzten und Rechtsanwaelten etc. um vieles, was ihnen geboten wurde, beneidet, aber auch sie grummelt nicht nachtraeglich ueber ihre Kindheit. Meine Grosseltern waren zwar bildungsfern, aber sie haben meiner Mutter "erlaubt", erfolgreich das Gymnasium zu besuchen.........

Weil man früher auch weniger Ansprüche hatte.

Nur ein Auto

nicht dreimal im Jahr in den Urlaub fahren.

Und meine Eltern mussten auch beide Arbeiten um sich ein Haus finanzieren zu können.

Mein kleiner Bruder musste meine zu klein gewordene Kleidung auftragen.

Viele Sachen waren langlebiger.

Eine Jeans hat damals auch 80 bis 100DM gekostet aber war nicht nach einen halben Jahr durch.