Ich schließe mich hier IanGaepit komplett an. (Männlich)
Möchte aber noch ein paar Dinge ergänzen. Die Art zu "argumentieren", falls man das, was Andrew Tate versucht, überhaupt so nennen kann, sehe ich ebenfalls als sehr kritisch für den öffentlichen Diskurs. Andrew Tate und auch viele andere Influencer aus dem eher konservativen Spektrum tun leider immer wieder dasselbe. Dazu zählen auch große Namen wie Matt Walsh oder die Herren aus dem Fresh and Fit Podcast. Sie kennen den Unterschied zwischen einer Meinung und einem Fakt nicht, oder nicht mehr und stellen ihre oft kritische Meinung öffentlich als Tatsache dar und das vor einem riesigen Publikum von oftmals jungen Personen, die ihren Platz im Leben noch nicht gefunden haben und beeinflussen diese somit nachhaltig. Besagte Meinungen sind nahezu immer komplett evidenzfrei und es wird versucht, diese Meinungen mit Scheinargumenten, logischen Fehlschlüssen, roten Heringen, falschen Dilemmas oder fragwürdigen Vergleichen zu stützen. Frei nach dem Motto: Es ist nicht wichtig, was du sagst, es ist wichtig, wie du es sagst! Das mag auf den unreflektierten Denker beeindruckend wirken, wenn jemand mit zugegebenermaßen witzigen Vergleichen um sich wirft, als wären es Bonbons, aber jemand mit auch nur rhetorischem Basiswissen wird den roten Hering sofort riechen. Das Ganze wirkt noch um einiges ironischer, wenn es von jemandem kommt, der sich in Diskussionen gerne als überlegen und als jemand darstellt, der sehr gut argumentieren kann.
Beispiel gefällig?
https://www.youtube.com/shorts/aHpN4B0usPw
Tate sagt hier:
If a hundred people pick up a sandwich and go - no! And I pick it up off the floor and go - yes!! The best sandwich ever!
Mit diesem Vergleich möchte Tate auf den ersten Blick gerne die Relevanz des Bodycounts untermauern. Was Tate hier aber eigentlich versucht, nennt sich roter Hering. Ein Ablenkungsmanöver, um von seinem schwachen Punkt (oder in dem Fall gar keinen) mit einem schlechten Vergleich abzulenken. Dieses Prinzip zieht sich übrigens wie ein roter Faden durch fast alles, was Tate so von sich gibt. Das ist zwar lustig, aber argumentativ schlecht und hat in einer sachlichen Diskussion natürlich rein gar nichts verloren.
Warum dieser Vergleich aber auch inhaltlich wirklich sehr schlecht ist, ein Argument vollkommen fehlt, Moral z. B. auf Werten basiert und diese komplett subjektiv sind, es (zum Glück) keine übergeordnete Moral gibt, die für alle Menschen gilt, gehe ich jetzt nicht ein. Das sollte eigentlich jedem Menschen mit einer Schulbildung klar sein. Mir geht es hier spezifisch darum, dass Tate versucht, solche Vergleiche als Validierung für seine nicht vorhandenen Argumente zu nutzen. Was es natürlich nicht ist und auch gar nicht funktionieren kann, weil es in dem gesamten Short und auch in dem vollen Video kein einziges wirkliches Argument gibt, das man damit stützen könnte.
Tate und auch viele andere konservative Influencer kritisieren gerne die Ultra linke Fraktion dafür, dass sie versuchen, Dinge als Fakt darzustellen ohne jegliche argumentative Grundlage. Das kritisiere ich auch und das kann und sollte man auf jeden Fall auch kritisieren, merken dabei aber nicht, dass sie selbst ununterbrochen versuchen, in sachlichen Diskussionen ihre Gefühlswelt als Argument zu nutzen. Wenn man sich selbst als eine moralische Instanz darstellen möchte, was Tate zweifelsfrei versucht (siehe seine ganzen Videos zum Thema Männlichkeit), sollte man nicht die gleichen Fehler machen, die man bei anderen kritisiert, ansonsten ist das: Doppelmoral.
Beispiel hier.
https://www.youtube.com/shorts/AfUTBxt04uY
Tate wurde hier ganz klar argumentativ Schach matt gesetzt, da besteht überhaupt kein Zweifel. Und das war auch entgegen seiner Philosophie bei weitem nicht der "best move on the board" und der darauf folgt übrigens auch nicht. Sein Punkt wurde durch ein Argument, das er nicht sachlich kontern konnte, widerlegt. Damit hat er die Diskussion verloren. Als letzten verzweifelten Versuch bringt er zur Validierung seines Punktes ein einwandfreies Gefühlsargument. "Its against the will of God". Es gibt keinen Beweis für die Existenz eines Gottes und somit kann dieser auch nicht als Validierung für Argumente genutzt werden. Nach dieser Logik könnte ich alles rechtfertigen und sämtliche Logik ad absurdum führen: "Hey, du hast mir meinen Geldbeutel gestohlen!" - Das Fliegende Spaghettimonster hat es mir befohlen, also ist es richtig!". Ein Argument erfordert Evidenz, diese ist hier eindeutig nicht vorhanden.
Ich könnte nun noch einige weitere Punkte ergänzen, aber ich glaube, es reicht für einen Eindruck, warum ich diesen Menschen als kritisch sehe.
Abschließend möchte ich noch sagen: Andrew Tate ist jemand, der sich sehr gut verkaufen kann und ich denke auch nicht, dass er dumm ist, ganz im Gegenteil. Und wären die Dinge, die er verbreitet, alle mit Argumenten und Evidenz untermauert, würde ich ihn auch bei weitem nicht so kritisch sehen, wie ich es jetzt tue. Zum jetzigen Zeitpunkt halte ich seinen Einfluss auf ein junges Publikum aber für kritisch, auch wenn er natürlich Positives für junge Menschen macht, z. B. sie zu motivieren, an sich zu arbeiten und ihren eigenen Wert im Leben zu finden. Aber auch diese positiven Dinge haben gerade, wenn man sich länger mit seiner Person beschäftigt, einen sehr faden Beigeschmack, zum einen wegen der schon von IanGaepit genannten Punkten, aber auch wegen den nicht belegbaren Standpunkten, die er öffentlich vertritt und als Fakt weitergibt.