Wieso gehört der Job als Lehrer zu den Jobs mit dem größten Risiko an Burnout zu erkranken ?
in Deutschland? Bzw. wie ist das in anderen deutschsprachigen Ländern, wie Österreich und die Schweiz?
Ausserdem kündigen Lehrkräfte durchschnittlich nach fünf Jahren wieder.
4 Antworten
13 Jahre war ich insgesamt Lehrer an großen Gesamtschulen, dazu kommen noch viele Jahre als Lehrer und Ausbilder bei anderen Bildungsträgern. Nachhilfe gebe ich immer noch.
Den meisten Stress hatte ich weder mit Schülern noch mit Vorgesetzten sondern mit den lieben Kollegen. Ursache dafür meiner persönlichen Meinung nach: Die Leute machen mehr Stunden als ihnen gut tut. Leider hatte ich nie unbefristete Verträge, also immer eine angreifbare, schwache Position. Gut für Leute, die sich profilieren wollen und schlecht für mich, der so etwas nur schlecht aushält. Nach 20 Stellen in 20 Jahren habe ich das Handtuch geworfen. Ja, Burnout kann man das nennen.
Gut getroffen. Ich hatte tatsächlich keine Lust auf einen Wohnortwechsel.
Ich vermute, daß Lehrer zu viele Mißstände versuchen, auszugleichen und nicht darauf achten, wo die eigenen Grenzen sind.
1. Fachkräftemangel. Viele Lehrer sind keine pädagogischen Fachkräfte sondern kommen zB aus der Industrie, haben keinen Bock auf Lehramt usw.
2. Unterbesetzung. Zu lange zu viel(bzw die Arbeit mehrer Menschen auf einmal) leisten hinterlässt Schäden.
3. Schulen. Seit Jahrzehnten werden Bildungsreformen gefordert(und versprochen!). Ein paar vereinzelte Schulen in Bayern bekommen ihre Smartboards während es in sächsische Schulen reinregnet und der Overheadprojektor bei jeder Nutzung halb abfackelt.
4. Bezahlung. Man kann die ersten drei Punkte halbwegs verschmerzen wenn man wenigstens nen Batzen Geld dafür bekommt. Tut man aber nicht.
5. Zu lange Ausbildung/Studium
Zu deinem 3. Punkt:
Denkst du es würde den Lehrerberuf signifikant aufwerten, wenn individualisiertes Lernen zum Schulstandard werden würde? Hier ein Beispiel eines Schulporträt der Alemannenschule Wutöschingen in BW (6 min Video - sehr empfehlenswert):
Leider ist die ZDF-Reportage über die oben in dem Video genannenten Schule in der Mediathek nicht mehr vorhanden, in der es hieß, dass die Alemannenschule sogar mit einem geringeren jährlichen Budget auskommt als andere Schulen. Ausserdem gibt es für die Schule eine jahrelange Warteliste.
Ich frage mich wieso dieses Modell dann nicht von mehr Schulen übernommen wird, wenn dadurch gleich mehrere Probleme wie u.a. Leistungsdefiziete der Schüler und der Lehrermangel gelöst werden können!?
Was könnte deiner Meinung nach also der Grund für derartige Reformunwilligkeit, bzw. Reformunfähigkeit der Landepolitik sein?
Zu 4.) Ja, tut man aber nicht. Man sollte als Lehrer halbwegs gut gelaunt und entspannt sein, ist man aber nicht mit zu vielen Stunden. Egal, Hauptsache das Häuschen ist noch zu Lebzeiten abbezahlt... Die Leute sind zu geldgeil. Natürlich kann jeder auf 20 Stunden reduzieren, wenn er das will.
Was heißt geldgeil? Alles ist teurer, die Ansprüche steigen, die Stellen sind dünner besetzt und der einzelne muss mehr leisten. Wer das fürs selbe Gehalt macht ist selbst schuld.
Gehen wir von 28 Stunden Unterricht in der Vollzeitstelle aus, müsste für Mittelstufenlehrer ungefähr hinkommen. Dann wären 21 Stunden ein Viertel weniger und dementsprechend ein Viertel weniger Geld. Da sollten trotzdem für einen verbeamteten Lehrer immer noch netto gut 3000 Okken rausspringen, eher mehr. Wer meint, er wäre so wichtig, dass ihm auf jeden Fall noch mehr Geld zusteht, auch wenn seine Arbeit darunter leidet, schadet nicht nur sich selbst (und das ist das Problem).
Wer sagt dass es mit der Stelle bei bloßem Unterricht getan ist?
- 48h/Woche, wobei die Arbeitszeit stark schwankt und es Phasen gibt, an denen wochenlang durchgearbeitet wird und die Wochenarbeitszeit deutlich höher ist
- massig Überstunden aufgrund Personalmangels
- mangelnde Wertschätzung
- Schwierige Klientel (Schüler, Eltern)
- tw. unsinnige Vorgaben von Oben
- Zusatzbelastungen in Form von Vergleichsarbeiten oder Qualitätssicherungsmaßnahmen
- Nichteinhaltung des Arbeitsschutzes (Temperatur, Lautstärke…)
Würden die Schulleitungen jedesmal bei den empfohlenen Temperaturen über 28 Grad Hitzefrei geben, könnte der Lehrerberuf in Zukunft wieder atraktiver werden.
Das wäre nur ein Tropfen auf den heißen Stein und durch eine Sanierung der Gebäude leicht zu beheben.
Was ich irgendwie nicht verstehe, wieso nicht einfach alle Schulen in Deutschland nach dem Schema der Alemannenschule in BW transformiert werden, wäre dies doch für alle Beteiligten eine extreme Bereicherung ihres Schulalltags/ ihres Berufs und ist zudem finanziell günstiger zu haben!?
Ich konnte mich nicht für eine Viedeo-Beschreibung der Schule entscheiden und habe deshalb einfach zu allen verlinkt. Falls du ein/e Lehrer/in bist, wird dich dieses Schulsystem sicherlich sehr interessieren/ erfreuen.
Die meisten Lehramtsstudenten spekulieren darauf, dass ihr späterer Arbeitsplatz mit einer Verbeamtung verbunden ist. Damit schliessen sie aus, dass sie nur mit befristeteten Verträgen oder als Angestellte im öffentlichen Dienst arbeiten müssen. Nicht. immer ist ein Beamtenverhältnis im Schuldienst gegeben. Da müsste man einen Wohnortwechsel vornehmen und an Schulen unterrichten an denen man als Beamter dann tätig sein kann.
Wer den Lehrerberuf ergreift , weiss auf was er sich entlässt. Oft sind es nicht nur die Kinder die stressig werden können, sondern auch die Eltern.
Eine zusätzliche Belastung kommt noch an Schulen hinzu, wo es viele Schüler mit Migrationshintergrund gibt.
Wo Menschen zusammentreffen und arbeiten, bleibt es nicht aus, dass es da auch mal zu Differenzen kommen kann.
Man muss sich durchsetzen können, auch gegenüber den Kollegen. Kann man das nicht, wird alles zum Frust und letztendlich führt das zur Aufgabe.
Ich kenne einen Architekten dem die Anforderungen und der Druck auch zuviel wurden. Er konnte seine Baustellen nicht mehr leiten, weil permanent von den Auftraggebern, Druck auf ihn ausgeübt wurde. Auch er gab auf und hatte einen Burnout der es ihm nicht mehr ermöglicht, in seinem Beruf wieder tätig zu werden.