Was kann die Polizei tun wenn ich zu schnell an ihnen vorbei fahre?

11 Antworten

Die könnten eine "Allgemeine Verkehrskontrolle " machen und dich vielleicht mündlich darauf hinweisen, dass du zu schnell gefahren bist, da sie ja höchstwahrscheinlich kein Messgerät zur Hand haben und das auch entsprechend geeicht und richtig aufgebaut wurde zur Geschwindigkeitskontrolle, da es ja so keine Beweise für Geschwindigkeitsverstoß gibt.

Sie könnten

  • mit lautem Tatü-Tata die Verfolgung aufnehmen,

  • dich anhalten,

  • Führerschein & Fahrzeugpapiere kontrollieren,

  • über Funk Rückfrage halten, ob gegen dich "was anliegt",

  • dir deine Papiere zurückgeben & dir sagen, dass du ja "viel zu schnell gefahren" seist,

  • und am Ende nichts wirklich machen können, weil ein dich belastendes Beweismittel (zum Beispiel in Form einer echten Geschwindigkeitsmessung) nicht vorliegt.


Interesierter  31.05.2014, 01:21

Hier befindest du dich im Irrtum. Hier ein Urteil des OLG Karlstuhe. Die Hürden sind zwar hoch, aber eine Strafe ist nicht ausgeschlossen.

Es kommt daher darauf an, wie schnell du tatsächlich warst und wie gut der Polizist geschult ist.

http://www.verkehrslexikon.de/Texte/Rspr2238.php

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Bingster13  31.05.2014, 01:38
@Interesierter

Vielen Dank für deine Rückmeldung.

Das in Rede stehende OLG-Urteil stammt aus dem Jahr 2008 und ist durch die anderslautende aktuelle Rechtsprechung des BGH überholt.

Doch selbst das damalige OLG-Urteil enthält die bedeutsame Einschränkung:

Die Ermittlung einer Geschwindigkeitsüberschreitung durch bloße Schätzung von Beobachtern ist grundsätzlich rechtlich zulässig, unterliegt jedoch aufgrund der einer solchen Bewertung anhaftenden erheblichen Ungenauigkeit strengen Anforderungen und ist grundsätzlich nur mit erheblicher Zurückhaltung als verlässlich anzusehen.

Deshalb gehe ich in meiner Antwort auf die obige Frage davon aus, dass der Fragesteller in der von ihm geschilderten Situation ohne eine exakte Geschwindigkeitsmessung strafrechtlich tatsächlich nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann.

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04032014  31.05.2014, 01:53
@Bingster13

Seh ich auch so, zumal MarcTheRock in seiner Frage von "zu schnell" und nicht "viel zu schnell" spricht. Wörtlich sagt er: "Wenn ich zu schnell durch mein Kaff fahre."

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Crack  31.05.2014, 08:51
@Bingster13
und ist durch die anderslautende aktuelle Rechtsprechung des BGH überholt.

Ein, zwei Beispiele wären nicht schlecht, hast Du da was?

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Crack  31.05.2014, 12:42
@Crack

Na, findest Du das BGH-Urteil nicht?

Kein Wunder - das gibt es nicht.

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Bingster13  31.05.2014, 15:44
@Crack

Oha, dann brauch' ich ja gar nicht mehr zu suchen ;-)

Ohnehin reicht jedoch m. E. das "alte Urteil" des OLG Karlsruhe bereits aus, meine Rechtsansicht zu stützen, wonach der Fragesteller mangels ausreichender Beweismittel strafrechtlich nicht belangt werden kann. Dies aus folgenden Gründen:

  1. Das OLG Karlsruhe setzt für eine polizeilich nur geschätzte Geschwindigkeitsüberschreitung, die als Beweismittel dienen soll, strenge Maßstäbe. Eine Schätzung sei - so das Gericht - zwar "grundsätzlich zulässig", unterläge jedoch "aufgrund der einer solchen Bewertung anhaftenden erheblichen Ungenauigkeiten strengen Anforderungen". Folglich sei die Ermittlung einer Geschwindigkeitsüberschreitung durch bloßes Schätzen "grundsätzlich nur mit erheblicher Zurückhaltung als verlässlich anzusehen".

  2. Legt man diesen vom OLG Karlsruhe gesetzten strengen Maßstab zugrunde, wird man m. E. davon ausgehen dürfen, dass eine strafrechtliche Verurteilung des Fragestellers durchaus dann möglich wäre, wenn er mit - sagen wir: - "geschätzten 100 km/h" durch eine geschlossene Ortschaft gebraust und dabei polizeilich beobachtet worden wäre. Denn in diesem (hier nur angenommenen) Fall wäre die geschätzte Geschwindigkeit - immerhin das Doppelte des Erlaubten - so signifikant, dass die polizeiliche Schätzung selbst unter Berücksichtigung erheblicher Ungenauigkeiten als Beweismittel und (und insofern zugleich als Grundlage einer strafrechtlichen Verurteilung) ausreichend wäre.

  3. Offensichtlich ist aber der Fragesteller nicht mit geschätzten 100 km/h (Originalwortlaut:) durch sein "Kaff" gebrettert. Er selbst spricht zwar davon, "zu schnell" gefahren zu sein. Auf Sachverhaltsebene festgestellt ist jedoch nicht, dass der Fragesteller "viel zu schnell" gefahren sei. Infolgedessen bin ich in meiner Antwort davon ausgegangen, dass es sich im konkreten Fall um keine völlig überhöhte, sondern um eine eher unwesentliche Geschwindigkeitsüberschreitung gehandelt habe, die ihrerseits - gerade angesichts des vom OLG Karlsruhe gesetzten strengen Maßstabes - als Beweismittel nicht ausreicht, um den Fragesteller (Angeklagten) verurteilen zu können. Aufgrund dieser Beweislage und des im Strafrecht geltenden Grundsatzes "in dubio pro reo (im Zweifel für den Angeklagten)" wäre er dann tatsächlich freizusprechen.

  4. Zu guter Letzt: Eine "definitiv richtig" oder "definitiv falsche" strafrechtliche Beurteilung des hier in Rede stehenden Falles ist m. E. nicht möglich, denn dafür wären Detailinformationen erforderlich, die aus der Frage nicht hervorgehen. Zu diesen Detailinformationen zählt insbesondere die Frage, wie schnell der Fragesteller tatsächlich gefahren ist bzw. wie hoch erfahrene Polizeibeamte seine Geschwindigkeit schätzen.

  5. Geht man - wie ich bei der Beantwortung der Frage - von einer eher geringfügigen Geschwindigkeitsüberschreitung aus, halte ich an meiner Rechtsauffassung fest, dass der Fragesteller (hypothetisch: als Angeklagter) strafrechtlich nicht verurteilt werden kann. Geht man demgegenüber jedoch - wie vermutlich der Antwortgeber Interesierter - im vorliegenden Fall davon aus, dass eine signifikant hohe Geschwindigkeit (zum Beispiel: 100 km/h) polizeilich geschätzt wurde, wäre eine Verurteilung des Fragestellers (hypothetisch: als Angeklagter) auch nach meiner Einschätzung wahrscheinlich.

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Crack  31.05.2014, 16:15
@Bingster13

Ohnehin reicht jedoch m. E. das "alte Urteil" des OLG Karlsruhe bereits aus

Das sind ja ganz neue Erkenntnisse...

Aus welchem Grund aber willst Du hier jemanden strafrechtlich belangen? Wer hat denn welche Straftat begangen und soll angeklagt werden?

Eine Geschwindigkeitsübertretung ist immer noch nur eine Ordnungswidrigkeit - und da kommt kein Strafrecht zur Anwendung.

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Bingster13  31.05.2014, 18:38
@Crack

Hallo Crack,

na klar, von der Rechtssystematik her gehört das Ordnungswidrigkeitenrecht zwar zum Verwaltungsrecht, gilt aber - wie du zweifellos weißt - als "kleiner Bruder des Strafrechts". Logisch: Der Grundgedanke der Sanktionierung rechtlichen Fehlerverhaltens ist sowohl dem Strafgesetzbuch (StGB) als auch dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) zueigen.

Ohnehin ist das Ordnungswidrigkeitenrecht - wie du ebenfalls weißt - dem Strafrecht weitgehend nachgebildet. So gilt unter anderem auch der Grundsatz "in dubio pro reo (im Zweifel für den Angeklagten)" im Strafrecht wie auch im Ordnungswidrigkeitenrecht gleichermaßen.

Infolgedessen dürfte es dem Fragesteller - zumindest aus pragmatischer Perspektive betrachtet - ziemlich egal sein, ob ihm anlässlich verkehrswidrigen Verhaltens eine Ordnungswidrigkeit oder eine Straftat vorgeworfen wird. Praktisch bedeutsam dürfte für den Fragesteller stattdessen nur das Verfahrensergebnis sein. Und egal ob er Angeklagter in einem Strafverfahren oder Beschuldigter in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren ist: Aufgrund des sowohl im Straf- als auch im Ordnungswidrigkeitenrecht geltenden Grundsatzes bliebe das Verfahrensergebnis in beiden Fällen gleich: Der Fragesteller käme am Ende (jedenfalls unter den in meiner Antwort dargestellten Prämissen) aufgrund des Grundsatzes in dubio pro reo ungeschoren davon.

Nicht nur für den Fragesteller, auch für mich zählt letztendlich nur dieses "praktische Verfahrensergebnis". Ich bitte deshalb um Verständnis, dass ich am Fortgang der mit dir geführten & durchaus auch recht spannenden Diskussion - soweit sie mich betrifft - nicht interessiert bin. Ich habe deshalb die "Mail-Nachricht bei Kommentar" deaktiviert und schau mich mal um, was es heute & morgen hier bei gutefrage.net sonst noch so an spannenden Beiträgen zu lesen & zu schreiben gibt ;-)

Schönes Wochenende noch & herzliche Grüße von

Bingster

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Maximal könnten sie dir hinterher fahren und ne allgemeine Verkehrskontrolle durchführen mit Alkoholkontrolle etc.! Die Geschwindigkeit müssen sie dir nachweisen können mittels Laserpistole oder Videoaufzeichnung. Einfach behaupten, dass du zu schnell warst geht nicht.

Das kommt darauf an, wie viel du zu schnell bist.

Wenn das nur ein paar km/h sind, werden sie dir nichts anhaben können, da sie dir den Verstoss nicht nachweisen können.

Wenn du jedoch mit 100 durch den Ort pfeiffst, brauchen die Ordnungshüter noch nicht einmal eine Messung. Dann reicht die Aussage der Polizisten aus.

Ich würde dir daher raten, dich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten.

Im Übrigen wurden diese Begrenzungen nicht dazu eingeführt, um jemanden zu ärgern, sondern um Menschenleben zu schützen. Du solltest dir der Gefahr bewusst sein, in die du dich und Andere bringst.


Interesierter  31.05.2014, 01:18

Hierzu gibt es ein interessantes Urteil des OLG Karlsruhe:

http://www.verkehrslexikon.de/Texte/Rspr2238.php

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Bingster13  31.05.2014, 16:19
@Interesierter

Wenn das nur ein paar km/h sind, werden sie dir nichts anhaben können, da sie dir den Verstoss nicht nachweisen können. Wenn du jedoch mit 100 durch den Ort pfeiffst, brauchen die Ordnungshüter noch nicht einmal eine Messung. Dann reicht die Aussage der Polizisten aus.

Stimmt.

In meiner eigenen Antwort bin ich allerdings davon ausgegangen, dass es sich tatsächlich nur um eine unwesentliche Geschwindigkeitsüberschreitung handelt. Dies deshalb, weil der Fragesteller davon spricht, "wieder mal zu schnell" (nicht: "viel zu schnell" durch sein "Kaff" gefahren zu sein.

Die Schilderung des Fragestellers erinnerte mich automatisch an das, was ich selbst täglich erlebe: Ich wohne in einem winzigen Vorort einer Großstadt. Durch dieses "Kaff", wo nur 50 km/h gefahren werden darf, führt eine gut ausgebaute Bundesstraße direkt in die benachbarte Großstadt. Gerade im Berufsverkehr fahren hier ungezählt viele Pendler mit Geschwindigkeiten von meist wohl (von mir geschätzt:) ca. 60 bis 80 km/h durch das "Kaff", das zwar winzig, trotzdem aber eine geschlossene Ortschaft ist, in der Tempo "50" gilt.

Naturgemäß ist das "Kaff", in dem ich wohne, eine Goldgrube für den Staat, der sich durch häufige Polizeikontrollen eine äußerst lukrative Einnahmequelle erschlossen hat ;-). Die Polizei ist aber so schlau, hier wirklich verlässliche Geschwindigkeitsmessungen vorzunehmen und nicht - wie vermutlich im Fall des Fragestellers - eher zufällig (und womöglich ohne Messgerät) aus einer Seitenstraße zu kommen.

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Interesierter  01.06.2014, 23:24
@Bingster13
In meiner eigenen Antwort bin ich allerdings davon ausgegangen, dass es sich tatsächlich nur um eine unwesentliche Geschwindigkeitsüberschreitung handelt.

Deswegen hatte ich geantwortet, dass es stark darauf ankommt, um wieviel der Betreffende hier tatsächlich zu schnell war.

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wenn ich mal wieder zu schnell durch mein Kaff fahre

Wenn ich so etwas lese, wird mir schlecht.

Schau Dir das und die Anschlussfolgen mal an...

http://www.youtube.com/watch?v=ZUBlSePtnwA

...und werde Dir darüber klar, dass Ärger mit der Polizei das kleinste möglich Problem ist.