Ist es sinnvoll, das Pretérito anterior im Spanischen zu lernen?

2 Antworten

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Hey, ich kann dir versichern, dass diese Zeit nicht mal Muttersprachler anwenden können bzw. anwenden. Eine meiner Spanischprofessorinnen an der Uni wurde mal gefragt, wann/wie man die Zeit anwendet, sie hat nur gesagt, dass man die nicht mehr braucht, dass sie nur mehr in älteren Büchern vorkommt, und dann durfte ich erklären, wann und wie man die Zeit anwendet, weil ich ein Grammatikfreak bin und die ganze spanische Grammatik aus Interesse gelesen habe xD. Und das ist wahr, ich habe etliche Serien und Filme auf Spanisch gesehen und mit etlichen Muttersprachlern Kontakt und nicht ein einziger hat jemals diese Zeit verwendet noch kam sie in Serien und Filmen vor. Die Zeit ist komplett durch das indefinido austauschbar.

Die Zeit ist einfach zu bilden und die Regeln sind auch einfach.

  • hube cantado
  • hubiste comido
  • hubo llovido
  • hubimos visto
  • hubisteis leído
  • hubieron trabajando

Regeln:

  • wird verwendet, wenn man ZWEI Ereignisse hat, die DIREKT NACHEINANDER passieren

Beispiele:

  • Cuando/tan pronto como hube entrado en la habitacion, vi a mi hermano. (Als/sobald ich das Zimmer betrat, sah ich meinen Bruder)

Im echten Leben würde man aber sagen:

  • Cuando/tan pronto como entré en la habitación, vi a mo hermano.
Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Bachelor Lehramt Sekundarstufe (Deutsch, Spanisch)

domimilagro  28.12.2020, 13:42

hubieron trabajado*, mi* hermano

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granodearen  28.12.2020, 14:50

"Eine meiner Spanischprofessorinnen an der Uni wurde mal gefragt, wann/wie man die Zeit anwendet, sie hat nur gesagt, dass man die nicht mehr braucht, dass sie nur mehr in älteren Büchern vorkommt"

Hallo @donmilagro

Darf ich fragen, aus welcher Region die Spanischprofessorin stammte?

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Das ist ein heikles Thema und bei weitem nicht so einfach zu beantworten.

Allerdings ist diese Zeit in allen muttersprachlichen Schulbüchern bereits in der Grundschule enthalten und Bestandteil des Zeitenmodells.

Das Problem ist eben nur, dass im Alltag eine derartige Genauigkeit oft nicht verlangt wird. Im Spanischen kann man ja oft normal und exakt ausdrücken (en vs. encima de, dentro de, al lado de; acá vs. aquí). Und nichts anderes ist hier der Fall.

Auch andere Zeiten haben ihren speziellen Einsatzbereich, wie z. B. das Futuro de Subjuntivo oder Futuro Perfecto de Subjuntivo, welche kein Bestandteil des fremdsprachlichen Spanisch (A1-C2) sind. Alle Zeiten haben jedoch ihren Zweck, z. B. im Amtsspanisch, in Gesetzestexten, überall dort, wo eine höhere Genauigkeit nötig ist, ohne dass man mal schnell nachfragen kann.

So genau klingt nur niemand in der Umgangssprache und dort kann man ja auch notfalls nachfragen.

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Das gesagt, kommt hier aber auch noch ein weiterer Faktor hinzu: Im äußersten Norden und Osten Spaniens gibt es Regionalsprachen (Galicisch, Astur-Leonesisch, Baskisch, Navarrisch, Aranisch, Katalanisch, Valencianisch). Sprecher aus diesen Regionen tendieren grundsätzlich dazu, nicht allzugeläufigen Formen des Spanischen ablehnend gegenüberzustehen. Es kommt in ihrer Regionalsprache nicht vor.

Das geht bereits damit los, dass Galicier z. B. Futuro Simple oder Futuro Próximo für nicht unterscheidungswürdig halten oder Katalanen acá oder allá als minderwertig ansehen. Was nicht zutrifft. Es gibt hier teilweise bedeutende Unterschiede (Futuro Simple ist mutmaßend, das Futuro Próximo entscheidend; acá/allá sind relativierbar, z. B. más allá, aquí/ahí/allí dagegen nicht), nur eben nicht im Galicischen oder Katalanischen.

Die spanische Verfassung beginnt einleitend mit dem Futuro de Subjuntivo und das Anterior findet man oft in aktuellen Pressetexten, jedoch eben nur außerhalb der Regionen, in denen Spanisch neben einer Regionalsprache existiert.

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Das spanische Zeitenkonstrukt ist ja für Muttersprachler selbstredend. Leider wird im fremdsprachlichen Unterricht hier oft viel falsch gemacht.

Es gibt perfekte und imperfekte Zeiten. Da international Englisch gerne als Referenz hergenommen wird, entsteht folgendes Bild:

Perfekte Zeiten sind zusammengesetzte Zeiten, z. B. das Pretérito Perfecto im Gegensatz also zum Indefinido.

Und da sind wir schon bei der Behauptung, die immer sagt, dass Muttersprachler ihre eigene Sprache nicht kennen. Der Begriff Indefinido kommt im muttersprachlichen Unterricht nicht vor (eine vorübergehende Internationalisierung während des Franco-Regimens ausgenommen). Es ist dort das Pretérito Perfecto (Simple).

Kurz: das Indefinido ist eine perfekte Zeit, nennt sich aber fremdsprachlich Indefinido, da sie nicht zusammengesetzt ist. Aber sie ist im spanischen Sinne perfekt, d. h. vollendet, d. h. sie hat einen Anfang oder ein Ende, im Gegensatz zum sich in seiner Zeit unbestimmt ausweitenden Imperfecto.

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Das gesagt, sieht die muttersprachliche Zeitentabelle vom Präsens zu den Vergangenheiten im Indikativ so aus:

  • Presente | Perfecto compuesto (haber im Presente + Partizip)
  • Perfecto simple | Anterior (haber im Perfecto Simple + Partizip)
  • Imperfecto | Pluscuamperfecto (haber im Imperfecto + Partizip)

So einfach ist das und damit erübrigt sich die Frage, ob du diese "Anstrengung" unternehmen solltest.

Damit ist für einen Muttersprachler auch alles gesagt:

  • Anterior und Pluscuamperfecto sind Vorvergangenheiten
  • das Pluscuamperfecto ist imperfekt und breitet sich in der Vorvergangenheit aus
  • das Anterior ist pefekt und findet in der Vorvergangenheit sein Ende

Kurz: ist es wichtig zu sagen, dass es eben zuende ging, ist das Anterior die erste Wahl.

  • Pluscuamperfecto: Lo había hecho (aus der eigentlichen Zeit zurückblickend, irgendwann).
  • Anterior: Lo hube hecho (aus jener Vorvergangenheit vorausblickend, nun in die eigentliche Zeit eintretend) ...

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In der Alltagssprache wird sie kaum verwendet, aber wenn du Bücher, Zeitungen und Amtsspanisch in den Alltag einbindest, dann schon.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

granodearen  28.12.2020, 14:30

"Es wird ja nur noch in literarischen Werken verwendet"

Der Begriff "literarisch" muss nichts mit klassischen Werken zu tun haben. Literarisches Spanisch hast du im Spielbericht über Real Madrid oder in einem schwärmenden Reiseblog, besonders im Andalusischen und von daraus beeinflussten Regionen (Kanaren, Lateinamerika).

Kurz: in der überwältigenden Mehrheit spanischsprechender Länder und Regionen mit Ausnahme der Nordhälfte Spaniens, wobei Madrileño (besonders von Männern gesprochen) auch schon andalusische Einflüsse besitzt und als Übergang vom meridionalen Südspanisch zum septemtrionalen Nordspanisch gilt.

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